Bulletin Nr. 29; November 2000

Ein Ausschaffungsgefängnis mit dem Charme eines Hochsicherheitstraktes

An der Landesgrenze, gleich neben der Empfangsstelle für Asylsuchende, nimmt der Kanton Basel-Stadt am 1. November 2000 das Ausschaffungsgefängnis Bässlergut in Betrieb. augenauf hat sich den Neubau mit dem Charme eines Hochsicherheitsgefängnisses angesehen.
Ausschaffungsgefängnisse dienen bekannlich dazu, Menschen einzusperren, deren einziges 'Verbrechen' darin besteht, nicht über einen Schweizer Pass zu verfügen und vom Schweizer Staat als unerwünscht angesehen zu werden. Dafür wurden in der Schweiz diverse Gefängnisse gebaut. Wo es zu wenig oder (noch) keine Gefängnisplätze für Ausschaffungshäftlinge gibt, werden diese im normalen Strafvollzug oder in Untersuchungsgefängnissen untergebracht. So bis anhin auch in Basel. Frauen wurden im hochmodernen Untersuchungsgefängnis Waaghof inhaftiert, Männer im Schällemätteli. Dort sassen sie unter Bedingungen, die das Bundesgericht für rechtswidrig erklärt hat, aber im Hinblick auf den Neubau vorübergehend tolerierte. augenauf Basel hat immer klar gegen Ausschaffungsgefängnisse Stellung bezogen. Es gibt keinen Grund, Asylsuchende zu inhaftieren. Nun wird in Basel das Ausschaffungsgefängnis Bässlergut eröffnet. augenauf Basel hat den kalten, abweisenden Neubau im Vorfeld der Eröffnung besichtigt. Der Betonblock beinhaltet 48 Haftplätze. Die Inhaftierten dürfen sich gruppenweise vor- oder nachmittags im massiv übergitterten Spazierhof aufhalten. Die Botschaft ist klar: Maximale Sicherheit.
Hans-Jürg Bühlmann, Leiter des Gefängniswesens Basel-Stadt, rechtfertigt die monströsen Sicherheitsvorkehrungen mit zwei Argumenten: Erstens baue man heutzutage ein Gefängnis, das auch anderweitig verwendbar sei, denn schliesslich wisse man nicht, wie lange die Konjunktur für Ausschaffungsgefängnisse anhalte. Und zweitens wolle man gegen Innen die «grösstmögliche Freiheit» und die gebe es nur bei grösstmöglicher Sicherheit gegen aussen. Während der Zeit, die sie nicht im Spazierhof verbringen, sind die Gefangenen im Gemeinschaftsraum oder in den Zellen. Ausser einem Fernseher haben Letztere auch eine Nasszelle, die «aus hygienischen Gründen» über keine Türe verfügt. Die tägliche Körperpflege wird so zu einem kollektiven Erlebnis. Ausserdem finden sich im Bässlergut auch zwei Spezialzellen (Bunker), die zur Disziplinierung dienen. Gemäss Hans-Jürg Bühlmann sollen sie nur bei Fluchtversuchen und tätlichen Angriffen verwendet werden. Die vorgesehene Maximalstrafe beträgt fünf Tage.
 
Das Ziel: Disziplinierung der Flüchtlinge
Dass das neue Ausschaffungsgefängnis direkt neben der Empfangsstelle an der Grenze zu stehen kommt, ist kein Zufall. Damit wird allen Neueintreffenden signalisiert: Hier werdet Ihr landen. Es dient zur Disziplinierung der Flüchtlinge und bewahrt die Basler Bevölkerung vor der Konfrontierung mit einem Hochsicherheitsgefängnis in der Stadt. Ausserdem gibt es Pläne, am gleichen Standort ein weiteres Gefängnis zu bauen, nämlich den Ersatzbau für das Schällemätteli. Da im Gefängnis eine Abteilung der Frem-denpolizei arbeitet, kann nach der Befragung eine direkte Inhaftierung vorgenommen werden. Zudem verfügt das neue Ausschaffungsgefängnis über einen eigenen Gerichtssaal - sehr zum Leidwesen der Richter des Appellationsgerichtes. Sie müssen nach der Eröffnung des Bäss-lergutes zur Arbeit drei mal wöchentlich den Weg zur Grenze auf sich nehmen.
Wer hingegen kaum ins reguläre Ausschaffungsgefängnis kommt, sind die Frauen. Sie werden nur im Bässlergut untergebracht, falls genug Platz vorhanden ist. Ansonsten bleiben sie im Untersuchungsgefängnis Waag-hof. Diese geschlechtliche Diskriminierung hat in Basel Tradition, waren die Frauen doch schon im alten Untersuchungsgefängnis Lohnhof benachteiligt.
Zu denken gibt auch die vorgesehene Privatisierung des Gefängniswesens. So werden verschiedene Dienstleistungen von aussen eingekauft und rund die Hälfte der Planstellen an die Privatwirtschaft vergeben. Die Securi-tas, die einen ansehnlichen Teil der Gefängnismitarbeiter stellen wird, hat innerhalb der Mauern die gleichen Kompetenzen wie die Beamten. Bei der Besichtigung stellte augenauf dem Leiter des Gefängniswesens die Frage, ob Securitas-Leute auch bei gewaltsamen Zwangsausschaffungen von Häftlingen dabei sind. Hans-Jürg Bühlmann: «Dieses Problem stellt sich doch gar nicht. Wir sind doch hier in Basel, nicht in Zürich». augenauf hats zur Kenntnis genommen.
augenauf Basel

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