Bulletin Nr. 40; Dezember 2003

Rubrik Kurzmeldungen

Auge drauf

 
Es knirscht im Dachgebälk
Für alternative, nicht gewinnorientierte Wohn- und Kulturprojekte ist die Stadt Basel ein hartes Pflaster. Nachdem dieses Jahr schon illegalerweise der Kulturraum an der Elsässerstrasse 11 unbrauchbar gemacht und eine weitere Liegenschaft geräumt wurde, findet die aktive BesetzerInnenszene Anfang November das offensichtlich geeignete Objekt. Eine leere Staatsliegenschaft mitten im Kleinbasler Zentrum, mit Ladenlokal auf die Strasse und geräumigem Hinterhof. Das Haus wird besetzt, und die neuen BewohnerInnen machen dem Finanzminister das Angebot, sanft zu renovieren und das Haus als alternativen Kulturort zu betreiben. Statt auf die Forderungen einzugehen, behauptet die Zentrale Liegenschaftsverwaltung, der Dachstock werde zusammenstürzen und alles sei viel zu gefährlich. Ein Dachdecker und ein Architekt widersprechen. Damit ist das einzige Argument der Regierung weg. Ein paar Tage später räumt ein Aufgebot von 60 kampfbereiten OrdnungshüterInnen in Vollmontur zwei lediglich mit Pijamas bewaffnete BesetzerInnen ...
 
Justiz deckt Polizeigewalt
Die gleichen Zürcher Polizisten, welche im Fall «Eldar S.» als brutale Schläger angezeigt wurden, sind auch am Fall «Goran B.» beteiligt. Der Arbeiter Goran B. wird am 4. November 2001 in seinem Zimmer in Zürich 5 durch fünf PolizistInnen überfallen und zusammengeschlagen. Er ist das Opfer einer «Verwechslung». Goran B. ist unterdessen arbeitsunfähig. Seine Anzeige gegen die beteiligten PolizistInnen wird durch den gleichen Bezirksanwalt wie im Fall «Eldar S.» behandelt. Dieser stellt die Untersuchung ein. Die beteiligten Beamten behaupten, sie hätten durch die Zimmertüre eine «Ladebewegung» eines Gewehrs gehört. Goran B. hat zur Tatzeit ferngesehen ... Infos: www.eldar.ch
 
Tod eines Polizeiopfers
Der 48-jährige Nicky M. stirbt am 8. Oktober 2003. Er hat sich bis zuletzt nicht von den Folgen der Misshandlung durch Polizeibeamte im Herbst 2000 erholt. Nicky M. hat lange Jahre versucht, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen - ist aber an einer unheiligen Allianz von Polizeibeamten, Bezirksanwalt, Obergericht und nicht zuletzt seinem eigenen (Pflicht-)Anwalt, einem bekannten Zürcher Politiker, gescheitert. Infos: www. eldar.ch
 
Wenn Schwarze Tram fahren, sieht die BVB rot
Am 10. September 2003 ist D. M., die seit Jahren mit einem Schweizer verheiratet ist, mit dem Tram auf dem Weg zur Arbeit. Sie telefoniert gerade mit ihrer Mutter in der Dominikanischen Republik, als sich an der Station «Unterführung» die Türen öffnen und eine Grosskontrolle der Basler Verkehrsbetriebe die Strassenbahn besteigt. «Ausweis zur Kontrolle» herrscht sie ein Kontrolleur an. D. M. antwortet «einen Moment, bitte» und sucht bei laufendem Handy in der Handtasche nach ihrem Abonnement. Dem Kontrolleur dauert das zu lange. Er reisst ihr das Natel aus der Hand und verlässt damit das Tram. Als D. M. weitersucht, kehrt er ins Tram zurück, entwindet ihr den B-Ausweis und wird handgreiflich: Er packt sie an den Handgelenken und zerrt sie aus dem Tram. Spuren der Misshandlung sind noch zehn Tage später zu sehen. Fazit: Wenn Schwarze Tram fahren, sieht die BVB rot.
 
Rassistischer Basler Polizeialltag
Mitte Juni kommt F., ein dunkelhäutiger Journalist aus der Region, von Zürich her am Bahnhof Basel an und sieht, dass die Polizei in der Passage systematisch schwarze Männer filzt. Als er an einer solchen Kontrolle vorbeikommt, sagt er: «Ihr seid Rassisten» und geht weiter zur Tramstation. Plötzlich kommen die drei Polizisten von vorhin zu F. und fordern ihn auf, mitzugehen. In der Polizeiwache nehmen sie seine Personalien auf und drohen mit einer Ehrverletzungsklage. Viele Wochen später erhält F. einen Strafbefehl wegen qualifizierter Diensterschwernis: er habe die Kontrolle erschwert, da er einen der Polizisten von hinten gestossen und aus dem Gleichgewicht gebracht habe. Der angeblich geschubste Polizist verzichtet auf eine Privatstrafklage wegen Ehrverletzung. F. hat gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben und wartet seit Wochen darauf, zur mündlichen Verhandlung vorgeladen zu werden.

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