Bulletin Nr. 40; Dezember 2003

Schlagende Argumente gegen vermeintlichen Drogendealer

Gewaltexzesse bei Berner Spezialeinheit

In den vergangenen Monaten sind vermehrt Zeuginnen und Zeugen an augenauf Bern gelangt, die von übermässiger Gewaltanwendung der Drogen-Spezialeinheit «Krokus» berichten. Ein Beispiel.
Freitagabend, Ausgehstimmung in Bern. Die beiden Freundinnen Sandra und Denise, 16-jährige Aupairs, treffen sich auf der «Grossen Schanze», um in die Kino-Spätvorstellung zu gehen. Plötzlich tauchen zwei Beamte auf, eilen auf einen Schwarzen zu, packen, würgen und beschimpfen ihn und drücken ihn brutal zu Boden. Der anhand von Fotos identfizierte Einsatzleiter von «Krokus», Christian Münger, fällt dabei durch sein äusserst brutales Vorgehen besonders auf: Er schlägt den Schwarzen mehrmals ins Gesicht, packt seinen Kopf und schleudert ihn auf den harten Betonbelag. Die beiden Zeuginnen folgen den Polizisten, sprechen sie auf ihr brutales Vorgehen an und verlangen die Namen der Beamten; die Polizisten weigern sich, ihre Identität preiszugeben. Sie schlagen den Schwarzen nun mehrmals mit dem Gesicht gegen das Polizeiauto. Ein Jugendlicher, der hinzukommt und sich lautstark empört, wird gewürgt und in den Polizeiwagen geworfen. Ein Beamter greift Sandra von hinten an, reisst sie zu Boden, tritt sie in die Rippen und führt sie in Handschellen ab. Als sie vor dem Eingang zum Waisenhausposten zusammen mit einem Zivilpolizisten warten muss, hört sie dumpfe Schläge und gellende Schreie. «Mich tschuderts noch heute, wenn ich daran denke», sagt sie sichtlich betroffen. Nachdem es still geworden ist, kann sie eintreten. Im Eingang liegt der verhaftete Schwarze, blutig und bewusstlos. Nach seiner Entlassung wird er wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte verzeigt, nicht jedoch wegen eines Drogendelikts. Sandra sucht am nächsten Tag einen Arzt auf. Er attestiert ihr mehrere Verletzungen an Kopf, Bauch, Schulter und an den Handgelenken. Franz Märki, Pressesprecher der Stadtpolizei Bern, kommentiert gegenüber einem «Surprise»-Journalisten den Vorfall als «korrekt und angesichts der Umstände verhältnismässig». Der Asylbewerber B. habe sich gegen die Verhaftung gewehrt und habe «aus eigenem Willen mit dem Kopf gegen die Autotüre» geschlagen. Auf dem Polizeiposten «fiel er plötzlich um und regte sich nicht mehr. Die beigezogene Sanitätspolizei stellte jedoch keinerlei gesundheitliche Probleme fest», im Gegenteil, er habe sich lediglich bewusslos gestellt. Mehrmals schon sind Einzelpersonen und Organisationen an den Kommandanten der Stadtpolizei Bern, Daniel Blumer, herangetreten und haben von mehrmaligem brutalem Vorgehen des Einsatzleiters Münger während Festnahmen berichtet. Unhöfliches Verhalten, abschätzige Bemerkungen und Beleidigungen seitens der BeamtInnen sind der Normalfall. Christian Münger hat in seiner Karriere als Polizist bereits mehrere Male vor Gericht erscheinen müssen, da gegen ihn prozessiert worden ist. Trotzdem ist Münger nie durch seinen Kommandanten suspendiert worden - im Gegenteil, er wurde zum Einsatzleiter der Drogen-Sondereinheit befördert. Nun wird ein weiteres Mal gegen ihn Strafanzeige eingereicht.
 
augenauf fordert die sofortige Suspendierung Müngers
augenauf akzeptiert nicht, dass Beleidigungen und Gewalt zum Alltag in der Polizeiarbeit werden und die Hautfarbe ein gewichtiges Kriterium bei der Behandlung von Menschen darstellt. Es darf nicht sein, dass Prügelorgien der Karriere förderlich sind. Wir fordern die sofortige Suspendierung von Christian Münger. Nebst einer weiteren Strafanzeige werden politische Schritte die Folge seines inakzeptablen Handelns sein. Denise, eine der zwei Aupairs, legt Christian Münger - nicht ohne zu schmunzeln - nahe, er solle doch Metzger werden: «Dann hat er auch genügend Blut um sich.» «Nein, im Ernst», wendet Sandra ein, «es ist unbedingt notwendig, sich zu wehren und nicht wegzusehen.» Und genau das werden die beiden auch in Zukunft tun. In der Zwischenzeit hat augenauf Bern von einem weiteren Vorfall erfahren, in den Münger involviert sein soll. Auch dort wird Strafanzeige eingereicht werden. augenauf Bern

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