Bulletin Nr. 36; Dezember 2002
Medizinische Grundversorgung für Asylsuchende? Nicht in den
ORS-Zentren!
Sparen bis zum Tod
augenauf beobachtet besorgt die zunehmend schlechtere medizinische
Versorgung von Junkies, Gefangenen, Menschen in der Psychiatrie und
Flüchtlingen. Für Letztere wird nun die Rationierung medizinischer
Leistungen konsequent durchgeführt. Lebensgefährlich!
Die Liste der Flüchtlinge, die von medizinischer Nicht- oder
Falschbehandlung betroffen sind, wird immer länger. So lernte augenauf zum
Beispiel die Familie eines abgesprungenen äthiopischen Diplomaten kennen,
der die Behörden brieflich informiert hatte, dass ihn das Arbeitsverbot in
der Schweiz krank mache und er sich deshalb umbringen werde. In der Folge
kümmerte sich niemand um die Familie - auch nachdem der Vater sich im
Keller der Asylbewerberwohnung in der Ebner'schen Gemeinde Freienbach
umgebracht hatte.
Skandalös ist auch, was einem kongolesischen Flüchtling, der nach einem
panikartigen Fenstersprung aus der Asylbewerberwohnung im Blocher'schen
Herrliberg mit einem Beckenbruch in der Intensivstation des Unispitals
Zürich behandelt wurde, widerfuhr. Im Anschluss an die Operation musste er
einen dreiwöchigen Rehabilitationsaufenhalt in Baden absolvieren. Nach der
stationären Hospitalisation verlegte ihn die Asylorganisation Zürich in ein
Durchgangszentrum. Dessen Leitung hinderte ihn daran, die für die
Nachbehandlung nötigen Routineuntersuchungen im Universitätsspital und die
ärztlich verschriebene Physiotherapie zu besuchen. augenauf musste aus dem
eigenen Sack Taxis bezahlen, um den unhaltbaren Zustand zu beenden.
Eine andere traurige Geschichte ereignete sich in einem von der Caritas
geführten Heim in Luzern. Dort nahm sich eine kriegstraumatisierte junge
Frau das Leben. Ihre MitbewohnerInnen hatten zuvor die Nachtwache gebeten,
den Notarzt zu holen. Dieser kam jedoch erst, als nur noch der Tod der
jungen Frau festgestellt werden konnte.
Lebensgefährdend für hunderte
Die bisherigen Missstände werden seit dem Sommer dieses Jahres im
Minimalzentrum Rohr noch übertroffen. In diesem von der privaten Firma ORS
Service AG geführten Zentrum in der Gemeinde Rümlang schlägt die
medizinische Versorgung um in eine «Entsorgung» von Problemen, welche die
von der Verfassung garantierten Rechte mit Füssen tritt. Die ORS
(Organisation für Regie und Spezialaufträge) betreibt verschiedene so
genannte Notunterkünfte im Kanton Zürich sowie Durchgangs- und Asylzentren
in anderen Kantonen der Schweiz.
Was jahrelang propagandistisch vorbereitet wurde, trägt nun seine fauligen
Früchte. Flüchtlinge kämen nur in die Schweiz, um vom hohen hiesigen
medizinischen Standard zu profitieren, wurde uns eingehämmert. Tatsächlich
gefährdet die Verweigerung der medizinischen Grundversorgung in den von der
ORS geführten Zentren die Gesundheit und das Leben von hunderten von Menschen.
augenauf Zürich
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