Bulletin Nr. 34; Mai 2002
Prügelnde Beamte kommen ungeschoren davon
Fabians Wahrscheinlichkeitsrechnung
Vor eineinhalb Jahren hat augenauf Basel gegen den Baselbieter
FDP-Regierungsrat Andreas Koellreuter und weitere unbekannte Personen eine
Strafanzeige eingereicht. Nun ist das Verfahren definitiv eingestellt
worden.
Im August 2000 wurde Ali X. von Liestal über Genf nach Beirut ausgeschafft
(siehe augenauf-Bulletin Nr. 29), wo er sofort verhaftet und für zwei
Wochen ins Gefängnis gesteckt wurde. Was der Libanese, der sich panisch vor
der Abschiebung fürchtete und Schussverletzungen aus dem Jahre 1989 am Hals
hatte, die ihn beim Atmen und beim Sprechen stark behinderten, vor der
Ausschaffung im Liestaler Gefängnis erlebt hatte, berichtete er augenauf in
einem Brief , den er im September abschicken konnte: «Dann begannen sie
(die Polizisten, Anm. der Red.), mich mit Polizeistöcken zu schlagen, gaben
mir Fusstritte und schlugen mit Fäusten auf mich ein. Sie waren gnadenlos.
Nach ca. einer Stunde brachten sie mich in ein Zimmer, in welchem eine
Kamera installiert war. Dann brachten sie eine Bodenmatte. Sie wickelten
und banden mich darin ein für ca. 2 Stunden. Danach kamen zwei Personen,
einer davon arbeitet im Gefängnis. Dieser verursachte mir Schmerzen an den
Füssen,
während der andere mir die Handschellen an den Füssen befestigt»
Nachdem der Liestaler Untersuchungsrichter, J. Fabian das Verfahren erst
gar nicht eröffnen wollte, wurde er auf Grund des Rekurses von augenauf
doch dazu gezwungen. Nicht sehr überraschend kommt er bei der Untersuchung
- in deren Verlauf er keinerlei Aufwand trieb - zum Schluss, dass «die
Anschuldigungen von Herrn X. mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht stimmen
und dass er am 18./19. August 2000 in der Schweiz mit grösster
Wahrscheinlichkeit nicht misshandelt wurde.» Zudem schreibt er im
Einstellungsbeschluss: «Es besteht eine gewisse konkrete
Wahrscheinlichkeit, dass Herr X. bei seiner Wiedereinreise in den Libanon
dort misshandelt worden ist.»
Ohne Zeugen - keine Chance auf Gerechtigkeit
Die Wahrscheinlichkeitsrechnung des Liestaler Untersuchungsrichters in
Ehren, doch damit bestätigt er einzig, dass eine Anklage gegen prügelnde
Polizisten und ihre Vorgesetzten in der Schweiz so gut wie chancenlos ist.
Die Situation, in der das Opfer alleine der Gewalt und Willkür der Beamten
ausgeliefert ist und keine unabhängigen ZeugInnen befragt werden (augenauf
hatte angeregt, Passagiere oder das Personal des Linienfluges nach Beirut
zu befragen), wird zu hundert Prozent zu Gunsten der Täter und gegen das
Opfer interpretiert.
Und wenn Fabian mit seiner Wahrscheinlichkeitsrechnung richtig liegen
würde: Dann hätten die Schweizer Behörden einen Mann in ein Land
ausgeschafft, in dem er an Leib und Leben bedroht ist.
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