Bulletin Nr. 14; Juli 1996
Gespräch mit einem Drogenkonsumenten
Aus der Erzählung des Drogenkonsumenten:
"Was ich laut Aussagen von Leuten sicher sagen kann ist, dass bei Razzien
in Wohnungen, Kontrollen, Razzien in ganzen Häusern, die auf Hinweise von
AnwohnerInnen bei der Polizei aufgefallen sind, bei allen Aktionen
zielstrebig auf das Finden von Material, sprich Drogen, und auf das Finden
von Geld hingearbeitet wird. Das heisst, die Kontrollen verlaufen so, dass
den Leuten möglichst schnell alles abgenommen wird, oder sie müssen es auf
einen Haufen zusammenlegen, vor allem wenn mehrere Leute kontrolliert
werden. Das Geld und Material wird so möglichst schnell vermischt und
zusammen in einen Sack gesteckt. So wird verhindert, dass das Geld
abgezählt wird, bevor es beschlagnahmt wird; wenn jemand eine Quittung
velangt oder verlangt, dass das Geld gezählt wird, wird gleich gedroht oder
geschlagen. Das ist auch der Fall bei Einzelkontrollen. Es geht immer
möglichst schnell, wenn Leute bei Kontrollen Bargeld auf sich tragen. Alle
Leute mit denen ich gesprochen habe, bestätigen mir,
dass nach einer Kontrolle durch die Polizei, bei der Bargeld beschlagnahmt
wird, nachher auf dem Beschlagnahmungsprotokoll meistens weniger Geld
erscheint als beschlagnahmt wurde. Wenn das Geld während einer Kontrolle
zurückerstattet wird, oder das Portemonnaie zurückgegeben wird, ist
meistens weniger Geld drin als vorher. Es gibt aus Prinzip keine Quittung.
Das Verlangen einer Quittung für beschlagnahmtes Bargeld und/oder Drogen
wird mit rüden Drohungen seitens der Polizei beantwortet. Viele der
Kontrollierten sind ausländische Menschen und meist schon aus sprachlichen
Gründen benachteiligt. Wenn sie sich wehren, gibt es oft schon auf offener
Strasse Schläge. Laut Aussagen von Betroffenen verschwinden bei Razzien
immer wieder grössere Geldbeträge, sowie Schmuck, Gold, Parfum, Spirituosen
und technische Gegenstände. Diese erscheinen ebenfalls nicht auf dem
Beschlagnahmungsprotokoll, und wenn jemand reklamiert oder sich zur Wehr
setzt, haben diese Gegenstände nie existiert.
“Das haben wir nicht”, ist die Antwort, “wovon reden sie eigentlich.”
Beschlagnahmungen von Drogen gehen meistens ohne das Abwägen des Gewichts
vonstatten. Das angebliche Gewicht der beschlagnahmten Drogen stimmt sehr
oft nicht mit der Realität überein. Die Höhe der Gewichtsangaben entspricht
der Menge in keiner Weise; Der Menge Drogen, die DrogenhändlerInnen auf der
Strasse normalerweise bei sich tragen, oder angeben, dass sie soviel bei
einer Kontrolle auf sich getragen haben. Bei den Angaben von
beschlagnahmten Drogen wird sehr oft mehr angegeben, als tatsächlich
beschlagnahmt worden ist, auch werden Mengen gestreckt. Dies hat meiner
Meinung nach mit der vorzuweisenden Erfolgsquote zu tun, die sie gegenüber
der Presse und Öffentlichkeit aufrechterhalten müssen. Es kommt aber auch
vor, dass Stoff einfach fehlt nach einer Kontrolle. Diese Drogen
verschwinden offensichtlich in private Kanäle. Es sind gegenüber der
Polizei Beschuldigungen vorhanden, dass auf der Kripo beim Verhör gewisse
PolizistInnen ein total verändertes Persönlichkeitsbild abgeben gegenüber
vorher;
Dass sie zum Teil selbst Kokain konsumiert haben. Das gewisse Polizeibeamte
sich vor oder während dem Verhör aufputschen, ein völlig verändertes
Verhalten haben, aggressiv sind, wenn sie in die Zellen kommen. Man kann
davon ausgehen, dass gewisse PolizistInnen von den beschlagnahmten Drogen
konsumieren oder probieren. Ein weiteres Gerücht ist, dass beschlagnahmte
Drogen an seltsamen Orten wieder auftauchen, so dass man davon ausgehen
kann, dass PolizistInnen diese verkauft haben. Verdachtsmomente in diese
Richtung ergeben sich auch aus dem Beobachten des Lebensstils gewisser
StadtpolizistInnen, der mit dem Lohn städtischer BeamtInnen nicht vereinbar
ist. Mit zwei Wagen, Ferien usw. Das ist jedoch nicht zu belegen, da alle
erben können, oder sonstige Geldreserven haben können. Hier kann man
zuwenig ins Detail gehen."
Noch zu dem Erzählten betreffend Konfiszierungen von Geld, Drogen und
anderen Wertsachen: Hast Du das von verschiedenen Seiten gehört; Wie breit
wird das erzählt?
Dass Geld gestohlen wird sagen alle, ob süchtige SchweizerInnen, bei denen
es um kleine Beträge geht, afrikanische Leute, die dealen, oder
jugoslavische Leute, die in eine Razzia geraten. Es fehlt immer und überall
Geld. Es gibt nie Quittungen, es ist offensichtlich etwas vom
Schwierigsten, eine Quittung für beschlagnahmtes Geld zu bekommen. Ich
glaube, sie haben keine Quittungsbüchlein, oder sie benützen ihre “Blöckli”
nur für Polizeibussen.
Um welche Beträge handelt es sich bei den Geschichten, die Du kennst?
Bei Hausdurchsuchungen habe ich schon gehört von Beträgen in der gleichen
Höhe wie offiziell beschlagnahmt worden ist. Vorletzte Woche war zum
Beispiel ein Artikel in der Zeitung: Razzia in zwei Restaurants,
beschlagnahmte Menge Geld bis 10’000 Fr. , 40 - 60 g Kokain, 100 g Heroin.
Dort haben sich 4000 Fr. in Luft aufgelöst. Die Polizei sagt jeweils “in
kleiner Stückelung, die auf Drogenhandel schliessen lässt”. Von der Polizei
wird auf der Gasse jedeR, der/die kontrolliert wird mit 400 Fr. - nicht wie
angeblich normal à 4 Hunderternoten, sondern z.B. 3 x 50, 5 x 20 und der
Rest in 10er Noten - als DrogenhändlerIn angesehen. Es könnte aber genauso
gut jemand sein, der auf dem Flohmarkt Sachen verkauft hat, oder sonst
etwas. In der Betragshöhe von 400, 600, 800 Fr. ist es meistens so, dass
nicht alles Geld fehlt, aber mindestens die Hälfte ist weg. Die Polizei
geht dabei relativ schlau vor: Sie nehmen nie alles, es ist nicht
überfallmässig, es passiert im Alltagsgeschäft,
wird da eingebaut - man merkt es gar nicht. Es wird nie davon geredet. Es
müsste zum Thema gemacht werden von allen, die in eine solche Situation
geraten, und dann ist es aber klar, dass geschlagen wird.
Wie ist es mit Drogen, die so verschwinden?
Konkret habe ich davon bis jetzt nur einmal gehört, wobei es sich um eine
sehr plausible Story gehandelt hat, von einem afrikanischen Mann.
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