Bulletin Nr. 38; Juni 2003

Rubrik Kurzmeldungen

Auge drauf

 
Beschwerden bis zum Abwimmeln
Der eben erschienene «169. Verwaltungsbericht des Regierungsrates Basel-Stadt» zeigt auf, wie Erfolg versprechend die Einschaltung des polizeilichen Beschwerdewesens ist. Aus der Jahresbilanz 2002 geht hervor, dass von 122 Beschwerden gegen BeamtInnen der Kantonspolizei deren 101 (= 83 %) gleich einmal als «unbegründet» abgewiesen wurden. In fünf Fällen (4 %) war die Beschwerde als «berechtigt», in weiteren 15 Fällen als «teilweise berechtigt» eingestuft worden. Ein Fall war bei Drucklegung noch hängig.
Ein allfälliger Optimismus darüber, dass anscheinend doch eine geringe Chance besteht, auf diesem Amtsweg Gehör zu kriegen, verfliegt, wenn man den nächsten Satz des Berichtes liest: «Die ganz oder teilweise begründeten Beschwerden haben ihre Ursache in den meisten Fällen in nicht optimaler Kommunikation; d. h., das Vorgehen der Polizei war korrekt, hätte den Betroffenen jedoch besser erklärt werden müssen.»
 
Ruth Metzlers Niederlage
Der im augenauf-Bulletin Nr. 37 veröffentlichte Artikel über das Transitabkommen zwischen der Schweiz und Senegal war schon bei Erscheinen veraltet. Das von uns heftig kritisierte Abkommen ist gescheitert - die senegalesische Regierung sagt «njet» dazu, Sammelbecken für afrikanische Flüchtlinge zu werden, die aus der Schweiz nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können.
Ulkige Blüten treibt die Niederlage von Bundesrätin Ruth Metzler, die sich vehement für das Transitabkommen eingesetzt hatte, in der aussenpolitischen Kommission des Ständerats. Diese fordert vom Bundesrat, er solle «die Rolle schweizerischer nicht-staatlicher Organisationen (NGO) beim Scheitern des Transitabkommens mit Senegal untersuchen». Insbesondere lädt sie den Bundesrat ein, «über Finanzierung und Rolle der NGO im Bereich der Asylpolitik Bericht zu erstatten».
augenauf kann dem Bundesrat die Arbeit ersparen: Es gibt keine Möglichkeit, der Menschenrechtsorganisation Gelder zu kürzen, denn augenauf bekommt keine Gelder vom Bund. Was - wie anhand dieses Vorstosses eindeutig - auch seine Vorteile hat ...
 
Good News
Im letzten Bulletin (Nr. 37) berichteten wir über Asylsuchende, die aus der Ausschaffungshaft entlassen wurden - ohne Haftentlassungsverfügung oder eine Adresse, an die sie sich wenden konnten. Asylsuchende, welche direkt vom Flughafen ins Gefängnis kamen, fanden sich samt Gepäck auf der Strasse. Dies mit der Aufforderung, innert 48 Stunden die Schweiz zu verlassen, ohne Dokumente, also illegal.
augenauf will nicht nur Behördenwillkür anprangern und öffentlich machen. Wenn immer möglich, versuchen wir die Welt ein kleines bisschen zu verändern.
So wurde denn ein Fax an das zuständige Migrationsamt geschickt, mit dem Hinweis auf das verfassungsmässige Recht auf Existenzsicherung und einigen anderen unbequemen Feststellungen.
Die höflich erbetene Stellungnahme traf zwar nie ein, jedoch - oh Wunder! - wird seither den Entlassenen ein hellgrünes Merkblatt mitgegeben. Darauf steht immer noch, dass die Wegweisung grundsätzlich bestehen bleibt, aber ganz zuunterst findet sich die Adresse für die Notunterbringung. Ein Plan für die Reise von der Bushaltestelle bis zur Platzierungsstelle kommt dazu. Zur Abwechslung einmal Good News!
 
Neue BFF-Vize
Veronica Schaller, in Basel seit ihrer Zeit als SP-Regierungsrätin sattsam als nicht sehr diplomatische Hardlinerin bekannt, wird neue Vizedirektorin beim Bundesamt für Flüchtlinge. Sie löst Jörg Frieden ab, der nach Kathmandu gehen wird. Bevor Veronica Schaller nach fast neun Jahren Regierungszeit 2001 abgewählt wurde, hatte sie versucht, in der zuvor privatisierten Zentralwäscherei (Zeba) die Löhne massiv zu senken. Der Widerstand dagegen war immens. Die halbe Stadt Basel solidarisierte sich mit den streikenden ArbeiterInnen - die nach kurzer Zeit ihren Kampf gewannen.
Diese Erfahrungen lassen augenauf befürchten, dass Schaller als Vize beim BFF ebenfalls täglich wird beweisen wollen, dass sie fähig ist, harte Entscheide konsequent durchzusetzen. Was das für die Betroffenen bedeutet, wissen wir zur Genüge.
 
Ausstellung gegen Rassismus
Elf Monate nach der erfolgreichen, grenzüberschreitenden Dreiländerdemonstration gegen Ausgrenzung und Rassismus in der Region Basel hat das Südbadische Aktionsbündnis gegen Abschiebungen (Saga) eine Wanderausstellung unter dem Motto «Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben!» (Hannah Arendt) organisiert. Am 23. Mai 2003 fand in Freiburg (D) die Vernissage statt.
An der Ausstellung beteiligen sich zurzeit 26 Organisationen aus der Schweiz (u. a. augenauf Basel), Deutschland und Frankreich. Auf der Wanderung durch die Schweiz, Baden-Württemberg und das Elsass soll sie durch weitere Gruppen und Themen erweitert werden. Schwerpunkte sind: die Asylverfahren in der Schweiz, Deutschland und Frankreich, die Abschiebehaft, das Schengen-Informationssystem, Flüchtlingsunterkünfte, medizinische Betreuung für Papierlose, die Arbeit der Sans-Papier-Komitees, Menschenrechtsverletzungen und das EU-Asylrecht, das für 2004 geplant ist. Die sehenswerte Ausstellung fordert die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und bürgerlichen Menschenrechte für alle, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und sozialem Status.
In Freiburg ist die Ausstellung bis Mitte Juni zu sehen. Wer Lust hat, sie in der Schweiz zu zeigen oder zu besuchen, findet die aktuellen Orte und Daten sowie Kontaktmöglichkeiten auf der augenauf-Homepage unter www.augenauf.ch/bs.

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