Bulletin Nr. 38; Juni 2003

Brutale Polizeikontrollen in Winterthur

Heute schon einen Schwarzen gewürgt?

An einer Pressekonferenz protestierten augenauf Zürich und Sankofa, die Plattform für Menschen afrikanischen Erbes, gegen brutale rassistische Polizeikontrollen in Winterthur. Die Polizei findet ihr Verhalten korrekt.

Wegen häufiger Polizeikontrollen haben sich schwarze Menschen aus Winterthur bei augenauf gemeldet. An der Pressekonferenz kamen zwei Opfer solcher Kontrollen zu Wort. Am Nachmittag hielt dann die Polizei eine Medienkonferenz ab, um den Vorwürfen zu entgegnen. Sie bestätigte genau die Punkte, die sie rechtfertigen konnte, und dementierte den Rest. Das Fazit: Würgegriffe bei Verdacht auf Drogenvergehen sind gerechtfertigt, in anderen Fällen werden sie angeblich nicht angewandt. Wer gegen aggressives Auftreten protestiert, gilt als «äusserst renitent» und muss mit allem rechnen, und ob eine Frau ein Baby dabei hat, ändert nichts an der polizeilichen Vorgehensweise.
Laut Polizei handelte es sich bei beiden Fällen um Verwechslungen, es seien andere afrikanische (!) Personen gesucht worden. Die Kontrollen hatten also nichts mit Rassismus zu tun. (!)
Bernard, Protokoll der Geschehnisse vom 22. April 2003
Als meine Frau und ich mit unserem 6-monatigen Baby im Kinderwagen der Strasse entlang gingen, kamen uns plötzlich zwei Polizisten in Zivil entgegen. Der eine sperrte uns, seine Dienstmarke zeigend, den Weg ab. In einem aggressiven Ton wollten sie unsere Ausweise sehen.
Wir fragten sie, ob es irgendwelche Probleme gebe, doch dies schien sie nur noch aggressiver zu machen. Sie erklärten uns, dass sie hier die Fragen stellten und nicht wir. Ich habe dann meinen Ausweis hervorgenommen und ihn überreicht. Als meine Frau dabei war, ihren Ausweis aus der Tasche zu nehmen, riss ihr einer der Polizisten den Ausweis einfach aus der Hand. Diese Handlung erzürnte meine Frau, sie riss ihren Ausweis sogleich wieder an sich und fragte, wieso sie uns auf diese grobe und unanständige Art behandelten und ob wir Kriminelle oder Räuber seien. Als Antwort auf die Frage beschlossen die Polizisten, uns auf den Posten mitzunehmen. Sie behielten unsere beiden Ausweise.
Meine Frau wollte die Gründe für die Festnahme wissen und weigerte sich, ohne Erklärung mitzugehen. Einer der zwei Polizisten forderte über Funk Verstärkung an. Er riss am Kinderwagen, um uns zu zwingen, auf den Posten zu gehen. Die Verstärkung kam sogleich in Form von zwei weiteren Zivilpolizisten.
Meine Frau ging mit dem Kinderwagen weiter und versuchte, die Strasse zu überqueren. Daraufhin schnitt ihr der Polizist mitten auf der Strasse den Weg ab. Meine Frau nahm das Kind aus dem Wagen und hielt es auf ihrem Arm. Der Polizist zerrte mit aller Kraft an ihrem rechten Arm. Er versuchte, ihr Handschellen anzulegen. Dabei fiel ihr das Baby fast aus dem Arm. Doch auch dies hinderte den Polizisten nicht daran, weiterzumachen und ihr die Hand auf den Rücken zu drehen.
Meine Frau fiel im Gerangel um, im Arm immer noch das Kind. Sogar als sie mit dem Baby auf dem Boden lag, versuchte der Polizist immer noch, ihr Handschellen anzulegen, um sie abführen zu können. Meine Frau legte das Kind auf die Strasse.
Die anderen Polizisten legten mich in Handschellen und wiesen mich an, sie auf den Posten zu begleiten. Ich fragte, ob sie nicht nur mich mitnehmen und meine Frau und mein Kind gehen lassen könnten. Die Antwort blieb aus, stattdessen fing einer der Polizisten an, mich von hinten zu würgen. Der zweite warf mich zu Boden und drückte mir sein Knie aufs Gesicht. Er drückte so fest, dass meine Brille kaputtging und ich mich oberhalb meines linken Auges, das kürzlich operiert wurde, verletzte. Gewaltsam führten sie mich auf den Posten. Dort durchsuchten sie mich von Kopf bis Fuss. Doch sie fanden nichts, was sie mir vorwerfen konnten.
Meine Frau blieb mit den zwei Polizisten zurück. Diese riefen nochmals drei PolizistInnen zur Verstärkung herbei. Unter der Bedingung, dass sie ihr Baby bei sich behalten konnte und nicht gefesselt wurde, kam sie auch auf den Posten.
Nach etwa zwei Stunden, um 16.00 Uhr, konnten wir den Posten verlassen, ohne dass sie uns etwas vorwerfen konnten und ohne dass wir einen Rapport unterschrieben haben.
Jadot, Protokoll der Geschehnisse vom 26. März 2003
Ich befand mich auf dem Weg vom Asylzentrum zum Fussballtraining. (...) Etwa 60 Meter vom Asylzentrum entfernt kam ein Polizist. Ich hatte ihn vorher nicht bemerkt, erkannte ihn aber sofort, weil ich ihn schon oft im Asylzentrum gesehen hatte. Er zeigte mir den Ausweis und sagte: «Polizei.» Er befand sich ca. 1 Meter vor mir. Fast gleichzeitig griff mich ein Arm von hinten um den Hals. Er packte mich von hinten grob an meinem Hals und würgte mich so stark, dass ich nicht einmal um Hilfe schreien konnte. Mich immer noch würgend, schüttelte mich die Person hinter mir gewaltsam hin und her und wuchtete mich schliesslich hoch, so dass ich das Gleichgewicht verlor.
Der Polizist vor mir boxte mich in den Bauch. Es ging alles so schnell, dass ich mich gar nicht wehren konnte. Schliesslich warf mich die hintere Person zu Boden. Nachdem er mich frei gelassen hatte, verpasste mir der Polizist, der vor mir stand, zwei Fusstritte. Dann durchsuchte er meine Hosentaschen. Erst jetzt erblickte ich auch den zweiten Mann. Er sagte: «Ausweis.» Anders als sein Kollege zeigte mir dieser seinen Ausweis nicht. Ich nahm also meine Papiere aus meinem Rucksack. Als er mich über Funk überprüfte, durchsuchte der andere Polizist meinen Rucksack.
Ich wollte wissen, warum sie mich auf dieser grobe Art und Weise behandelt hatten, und fragte auf Französisch, was ich getan hätte. Der erste Polizist reagierte mit einem ablehnenden Handzeichen und sagte dabei so etwas wie «... français». Sie liessen mich dort sitzen und liefen weg.
augenauf Zürich

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