Bulletin Nr. 36; Dezember 2002

Nach der Abstimmung vom 24. November

Gegen die rassistische Willkür des Staats

Nach dem Nein zur Asylinitiative müssen wir den Widerstand organisieren. Flüchtlinge verstecken, den Behörden den asylpolitischen «Gehorsam» verweigern, gemeinsam mit den Betroffenen gegen die rassistische Willkür eines Staates angehen, der 49,9-Prozent Ja-Stimmen dankbar entgegen nimmt, um sein mörderisches Migrationsregime durchzusetzen.

Der Zürcher Bund des Tages-Anzeigers, der am Samstag vor der Abstimmung herausgekommen ist, war wie ein Menetekel. Auf der Front berichtete Sascha Buchbinder über den Zürcher Bezirksrichter Hans-Jürg Zatti, der in einem Strafverfahren einen 18-jährigen sierra-leonischen Hirten zu vier Monaten Gefängnis bedingt und 5 Jahren Landesverweis verurteilt hatte. Der junge Mann sei für die «Destabilisierung an der Langstrasse» mitverantwortlich. Es gebe keine Chance, dass der noch im Asylverfahren steckende Angeklagte sich in der Schweiz eingliedere. Der Flüchtling hatte bei einer Personenkontrolle mit den Händen gefuchtelt und Zürcher Stadtpolizisten beschuldigt, ihn geschlagen und barfuss im Wald ausgesetzt zu haben. Seine Angaben seien unglaubwürdig, sagte der Richter. Und griff zur Rassenjustiz.
Wer im Tages-Anzeiger weiterblätterte, durfte auf der zweiten Seite des Zücher Bunds zur Kenntnis nehmen, wie das noble Witikon die Asylkrise bewältigt. Die Krise war nicht etwa wegen der SVP ausgebrochen, sondern weil der Kanton Zürich Flüchtlinge in einem Bunker unterbringen will, der just unter der örtlichen Schulanlage liegt. Weil eine Gemeinschaft besorgter Eltern, die sich sinnigerweise «IGEL» nennt, aus Angst um ihre Schulkinder zum Sturm geblasen hatte, wird nun ein Securitas darüber wachen, dass SchülerInnen nicht auf das Gelände der Notunterkunft und Asylbewerber nicht auf den Schulhausplatz gehen. Die Flüchtlinge müssen ihre Bunker-Unterkunft während des Tages räumen und den Tag an einem anderen Ort totschlagen. Segregation der übelsten Sorte.
Zwei Meldungen, zwei Menetekel. Bereits am Montag forderte der Doyen der freisinnigen Partei des Kantons Zürich, Balz Hösly, dass mit dem Gesetz in Konflikt geratende Asylsuchende von den anständigen Flüchtlingen «isoliert» werden. Auch Sans-Papiers müssten diesem harten Regime unterworfen werden. Und die sozialdemokratische Kandidatin für den Zürcher Regierungsrat, Regine Aeppli, die mit Hösly zusammen bei Hugo Bigi im TeleZüri sass, stimmte zu. Man müsse gegen Kriminelle mit der ganzen Härte der Gesetze vorgehen. Mit den 49,9 Prozent hat die SVP mehr als gewonnen.
Was passiert nun? Die Verschärfung der Ausschaffungspraxis. Der Ausschaffungsstopp nach Angola ist bereits aufgehoben worden. In Senegal und in der Elfenbeinküste will die Schweizer Ausschaffungsbürokratie Lager für papierlose Westafrikaner einrichten (siehe Seite 12). Im Rahmen des neuen Asylgesetzes wird zudem ein neues Finanzierungskonzept umgesetzt, das jene Kantone belohnt, die Deportationen möglichst rasch vollziehen.
 
Nicht zur Mittäterin, nicht zum Mittäter werden
Was steht weiter an? Die von Hösly geforderte Segregation. Lager für so genannt auffällige Asylbewerber. Isolierte Zentren für Sans-Papiers, die die Schweiz nicht verlassen können. In diesen Zentren wird die medizinische und soziale Unterversorgung einem Zwangsregime weichen, das vordergründig darauf zielt, die Menschen aus der Schweiz zu vertreiben. Der Subtext dieser Massnahmen richtet sich jedoch an die SchweizerInnen selber. Menschen, die man so unterbringen muss, sind gefährlich. Sie «destabilisieren» unser Land und werden nie integriert werden können. Das ist die rassistische Formierung, die Nachgeborene mit dem 24. 11. 2002 in Verbindung bringen werden.
Was tun? Keine Referenden vorbereiten. Sich nicht zu MittäterInnen machen lassen. Widerstand leisten. Solidarität organisieren. Den Staat angreifen, der Rassismus zur tragenden Ideologie macht.
augenauf

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