Bulletin Nr. 36; Dezember 2002

Wie die Schweiz mit politischen Häftlingen umspringt

Gefesselt und begafft

Dass die Polizei mit politischen Gefangenen - insbesondere wenn ihnen der Ruch des Terrorverdachts anhaftet - nicht gerade zimperlich umgeht, ist hinlänglich bekannt. Zu welcher Tortur selbst ein Spitalbesuch werden kann, schildert Marco Camenisch eindrücklich in einer mehrseitigen Presseerklärung, welche im Originalwortlaut auf der augenauf-Homepage nachgelesen werden kann (www.augenauf.ch/bs/archiv/mc/pe0211.htm).

 
Marco Camenisch kritisiert unter anderem:
- Der Transport in das Spital erfolgte an einem heissen Sommertag in einem ungenügend belüfteten Backofen von Kastenwagen. Dabei waren ihm die Hände auf den Rücken gefesselt, was nebst einer beschwerlichen Sitzposition auch ein erhöhtes Verletzungsrisiko in sich birgt. Beinahe unmöglich gestaltete sich das Ein- und Aussteigen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass dies ohne Hilfe, ohne Trittbrett sowie mit Hand- und Fussfesselung zu erfolgen hatte.
- Die angebliche Gefährlichkeit des Gefangenen wurde einer gaffenden Öffentlichkeit gegenüber dadurch illustriert, dass er von einem achtköpfigen Polizeiaufgebot eskortiert den langen Weg vom Spitalparkplatz zur Radiologie in Kleinstschritten unter die gefesselten Füsse nehmen musste.
- Die Handschellen wurden dem Gefangenen selbst für die Magnetresonanz-Untersuchung nicht abgenommen. Dies ist nicht nur äusserst schmerzhaft für den Patienten, sondern auch untersuchungstechnisch mehr als fragwürdig.
 
 
Marco Camenisch
Der 1952 geborene Anti-AKW-Aktivist Marco Camenisch wurde 1980 durch das Kantonsgericht Chur wegen eines Anschlags auf einen Strommast zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. 1981 gelang ihm mit mehreren anderen Insassen die Flucht aus der Strafanstalt Regensdorf. Zehn Jahre später wurde er in der Toscana verhaftet und wegen Körperverletzung sowie Anschlägen auf Strommasten zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Im Frühjahr 2002 erfolgte die Auslieferung an die Schweiz, wo ihn nicht nur die Verbüssung der Reststrafe, sondern auch noch ein Verfahren betreffs des Todes eines Grenzwächters (Brusio/GR, 1989) erwartete. Zurzeit sitzt der durch gesundheitliche Probleme (u.a. Nebennierenkrebs) und langjährige Isolationshaft gezeichnete Camenisch in der Sicherheitsabteilung des Hochsicherheitsgefängnisses Pfäffikon ZH ein.
Details zu Camenisch finden sich auf der augenauf-Homepage (www.augenauf.ch/bs/archiv/mc/pk0206.htm).


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