Bulletin Nr. 35; September 2002

Rassistische Beschimpfungen bei Razzia in der Lorraine

Am 5. März 2002 wurde in einer Wohngemeinschaft im Berner Lorrainequartier der Schwarzafrikaner A. C. verhaftet. Die drei BewohnerInnen der Wohngemeinschaft sowie ein ebenfalls anwesender Mann wurden ZeugInnen dieses Polizeieinsatzes, der spät nachts (23.30 Uhr) mit viel Lärm, bellenden Hunden, schreienden Polizisten und mit einem grossen Schock für die Betroffenen über die Bühne ging. Schockiert, dass beim Verdächtigen tatsächlich eine wohl beträchtliche Menge Kokain gefunden wurde; schockiert aber auch über den Polizeieinsatz.
Dabei besonders hervorgetan hat sich ein junger Polizist, der sich mit A. vorgestellt hatte, ohne seinen Ausweis zeigen zu wollen. Er beschimpfte den Mann als einen Mörder, einen N.I.G.G.E.R. etc.
Die ZeugInnen wandten sich daraufhin auf Anraten ihres Anwaltes an den Polizeikommandanten der Berner Stadtpolizei und verlangten ein «klärendes» Gespräch.
 
Das «klärende» Gespräch
Anfang September 2002 kam es zu dem Gespräch mit den Polizisten und ihrem Vorgesetzten. Dabei kam heraus, dass der junge Polizeibeamte die Beschimpfung N.I.G. G. E. R. klar bestritt und in einen anderen Kontext brachte.
Ein unverhältnismässiges Vorgehen konnte der Vorgesetzte nicht entdecken, da «Gefahr im Verzug» bestanden habe und in grossem Stil mit Drogen gehandelt worden sei. «Die Jungs mussten ja auf alles gefasst sein.» Zusätzlich habe sich der Betroffene auf der Strasse gewehrt und sei selbst auf das Gesicht gefallen. Im Nachhinein soll er sich sogar für die «zuvorkommende Behandlung» ausführlich bedankt haben.
Die Vorwürfe der ZeugInnen wurden dementiert. Der Vorgesetzte blieb «unparteiisch» und meinte: «Ich kann bisher nur fiktiv Stellung nehmen und werde diesen konkreten Fall nicht kommentieren, zu einzelnen Gesprächen wird es noch kommen. Wenn irgendwelche Massnahmen erforderlich sind, so werden diese getroffen. Die Frage ist, wie viel Verständnis Sie nach dem Gespräch für die Polizei aufbringen werden. Es gibt auch die Seite, die der Polizei nur etwas anhängen will.»
Zuletzt bekamen alle die Gelegenheit zu einem Schlusswort. Der Hammer war: «Schöne Namitag, schön heit dir nech Zyt gno, üs cho ds bsuächä», sagte genau der Polizist, der den Verhafteten beschimpft hatte. «Settigi überflüssigi rassistischi Üsserige während dem IIsatz dörfe ned vorcho. DAS si für üs unnötigi Unverhältnismässigkeite», erwiderten daraufhin die ZeugInnen.
augenauf Bern

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