Bulletin Nr. 35; September 2002

Rassistische Basler Polizeiaktion gegen Schwarze

Jung, schwarz und männlich = Dealer

Integrationsleitbild hin oder her - in der Stadt Basel geht die Polizei immer wieder massiv gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe vor. augenauf Basel dokumentiert die «Aktionswoche» der Staatsgewalt vom vergangenen Juli.
Die Unschuldsvermutung und die Verhältnismässigkeit der Mittel gelten in Basel nicht für alle Leute. Im Juli dieses Jahres hat die Basler Polizei eine einwöchige Aktion gegen so genannte «schwarze Kokaindealer» unternommen, bei der auf solche Rechtsgrundsätze keine Rücksicht genommen wurde. Wer immer schwarz, männlich, jung und mobil war und sich im Kleinbasler Dreieck zwischen Rhein, Kaserne und Johanniterbrücke aufhielt, wurde während einer Woche pausenlos angehalten, kontrolliert - und allenfalls bei der Kontrolle gleich noch gefilmt.
Dass das «suspekte» Quartier zugleich das Herzstück Kleinbasels ist, belebt und vor allem von einer ausländischen - auch afrikanischen - Bevölkerung dicht besiedelt, spielte bei der Planung und Durchführung dieser Aktion offenbar keine Rolle - oder wurde im Gegenteil bewusst einkalkuliert.
Der Höhepunkt der unverhältnismässigen Aktionswoche war eine Razzia an einem belebten Treffpunkt am Rheinufer unterhalb der Florastrasse. An dieser Stelle ist die Rheinpromenade an heissen Sommertagen dicht bevölkert von Menschen aus dem Quartier und aus der Umgebung, es wird gebadet und gelesen, gegessen und getrunken, musiziert und gespielt.
Am 18. Juli 2002 gegen 16 Uhr fuhren ohne äusseren Anlass Polizeiautos vor. Sämtliche dunkelhäutigen Männer, die sich zu diesem Zeitpunkt bei der Rheinpromenade aufhielten, wurden mit Handschellen abgeführt, unabhängig davon, ob sie sich untereinander kannten und beisammen sassen oder nicht. Das einzige Kriterium für eine Verhaftung war ihre schwarze Hautfarbe. Bei keinem der Betroffenen wurde vorher eine Ausweiskontrolle durchgeführt.
Bei der Aktion wurden zahlreiche Männer in Handschellen abgeführt, die in Basel oder der Region regulär wohnen und arbeiten. Sie wurden auf verschiedene Polizeiposten verfrachtet und dort in Zellen eingesperrt. Sie mussten sich ausziehen, wurden mit Fingerabdrücken und Fotos registriert und stundenlang festgehalten. Einzelne der Verhafteten sollten zur Arbeit fahren. Erst als sie die Beamten darauf hinwiesen, wurden sie nach kurzen Abklärungen freigelassen.
 
«Ihr seid ja alle nur Scheisse»
Nachforschungen von augenauf Basel haben ergeben, dass die Betroffenen keine Ahnung hatten, warum sie überhaupt verhaftet wurden. Die grundlose Festnahme vor den Augen ihrer Bekannten und Freunde bedeutete für sie aber eine tiefe Beschämung. Entwürdigend war auch die Art und Weise, wie die Verhaftung durchgeführt wurde. Die beteiligten Polizisten erledigten ihre Aufgabe offenbar lachend und mit grossem Spass an der rasanten Aktion. Es fielen Bemerkungen wie «Ihr seid alle Dealer» oder «Ihr seid ja nur Scheisse».
augenauf Basel verurteilt die gesamte einwöchige Sonderaktion der Polizei als unverhältnismässig und rassistisch. Durch sie wird eine ganze Bevölkerungsgruppe in Basel pauschal kriminalisiert und stigmatisiert. Die Unterstellung, dass jeder Schwarze, der sich im Kleinbasel aufhält, ein Drogendealer sei, ist völlig unhaltbar. Die Rheinpromenade ist ein Treffpunkt von jungen In- und AusländerInnen, und der Anteil der regulär ansässigen dunkelhäutigen Bevölkerung ist im Kleinbasel besonders hoch. Diese Tatsachen bei einer Polizeiaktion gegen afrikanische Drogendealer im Kleinbasel völlig ausser Acht zu lassen, ist nicht zu rechtfertigen.
augenauf Basel
 
 
Umfrage unter schwarzen Frauen und Männern in Basel
Im Zusammenhang mit wiederholten Diskriminierungen und Übergriffen der Basler Polizei gegen schwarze Männer und Frauen, vor allem auch vor dem Hintergrund des Falles von Deniz O., der letzten Sommer von Basler Zivilpolizisten bei einer Kontrolle misshandelt wurde (siehe Bulletin Nr. 32), startet augenauf Basel diesen Herbst eine anonyme, repräsentative Umfrage über die Behandlung von schwarzen Frauen und Männern durch die Basler Polizei.
In die Umfrage einbezogen werden Leute, die in Basel und Umgebung wohnen, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrem Beruf oder ihrem Aufenthaltsstatus. Im Zentrum steht die Frage, ob Schwarze in Basel überdurchschnittlich oft kontrolliert und/oder verhaftet werden, ob es dabei zu Beleidigungen, Einschüchterungen oder Übergriffen kommt.
Die Umfrage bezieht sich auf die letzten 12 Monate vor dem Zeitpunkt der Befragung. Sie soll bis Ende 2002 abgeschlossen sein und wird wissenschaftlich ausgewertet. Die Ergebnisse der Befragung werden veröffentlicht.
Wer an der Umfrage teilnehmen möchte, kann sich melden unter Telefon 061 681 55 22 oder per E-Mail: basel@augenauf.ch. Auf Wunsch werden auch Fragebogen verschickt. Die Anonymität aller Beteiligten wird zugesichert.


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