Bulletin Nr. 34; Mai 2002

Gefährliche Härtefallprüfung

Trotz schwerer Krankheit, die im Heimatland nicht behandelt werden kann, versuchen BFF und Zürcher Behörden einen Flüchtling loszuwerden.

Am 9.11.1999 stellt N. im Flughafen Zürich ein Asylgesuch. N. ist aufgrund seines schweren Diabetes von der Versorgung mit Insulin abhängig. Er verweigert die Rückreise nach Kamerun, weil er dort nicht überleben kann. Mehrere Kliniken in Kamerun bestätigen ihm, dass er ohne Krankenversicherung und genügend eigenen Mitteln, nicht behandelt wird.
N. wird in Ausschaffungshaft gebracht. Dort versucht der Arzt, ohne gründliche Abklärung in einem Spital, die Behandlung auf Tabletten umzustellen. Das geht schief. Schliesslich erhält er dann doch das nötig Insulin. Die Behörden versuchen N. auszuschaffen. Sie führen ihn im Konsulat von Kamerun vor, erhalten aber kein "Laissez-passer" (Das für die Ausschaffung notwendige Papier).
Das BFF (Bundesamt für Flüchtlinge) klärt minutiös ab, ob in Angola oder Kamerun die Versorgung mit Insulin gewährleistet werden könnte. N.'s Vater ist Angolaner, seine Mutter aus Kamerun - die Schweizer Behörden suchen also auch einen Weg, N. nach Angola auszuschaffen. Die Abklärungen des BFF bestätigen N.'s Aussage. Es gibt keine Garantie für sein Überleben weder in Kamerun noch in Angola.
 
Die Verhaftung
Am 17. 5. 2000 wird N. aus der Ausschaffungshaft entlassen. Nach mehreren Irrungen und Wirrungen landet er in einer Asylunterkunft in Regensdorf. Dort geht es ihm leidlich gut, weil er einen verständnisvollen Hausarzt findet, der ihn richtig behandelt. Doch die magere Unterstützung von N. reicht immer wieder nicht, um die richtige Diabetes-Diät zu finanzieren. Der Arzt findet, eine regelmässige Beschäftigung wäre gut für N. und schreibt deshalb an eine Mitarbeiterin von augenauf.
Am 30.11. 01 reicht diese beim "Migrationsamt" (Fremdenpolizei) Zürich ein Gesuch für eine humanitäre Aufenthaltsbewilligung ein. Am 6.12. 01, morgens um 7 Uhr brechen Polizeibeamte die Türe von N.'s Zimmer in der Asylunterkunft auf. N. wird verhaftet. Mit Müh und Not kann er den Beamten klar machen, dass er sein Insulin mitnehmen muss. Erst um 8.30 gelingt es ihm in der Polizeikaserne Zürich das Insulin zu spritzen. Anschliessend bekommt N. aber kein Essen, was dringend notwendig gewesen wäre. Fast wäre er in einen lebensgefährlichen Zustand der Unterzuckerung geraten. Am nächsten Morgen wird N. gefesselt per Polizeiauto nach Genf gebracht. Wieder Vorführung im kamerunischen Konsulat, wieder gibt es kein "Laissez-Passer". Bei der späteren Durchsicht der Akten stellt sich heraus, dass ein Flug nach Kamerun für den 18.12. 01 gebucht war.
Abends um 18 Uhr wird N. aus der Polizeihaft entlassen. Zurück im Asylheim stellt er fest, dass sein Geld, sein Mobiltelefon und andere Sachen gestohlen wurden. Die Polizisten liessen seine Türe bei der Verhaftung einfach offen...
 
Und jetzt Angola?
Die Mitarbeiterin von augenauf protestiert beim Amt für Migration gegen die Verhaftung von N. Schliesslich war seine Adresse bekannt, man hätte ihn auch einfach vorladen können. Für das gestohlene Geld fühlt man sich bei der Frepo auf jeden Fall nicht zuständig.
Beunruhigend ist die Notiz in den Akten von N., die nach der missglückten Vorführung im kamerunischen Konsulat durch die "Abteilung Vollzugsunterstützung" des BFF erstellt wurde: "Somit werden wir die Papierbeschaffung wieder in Richtung Angola vorantreiben." Kein Wort findet sich in den Papier dieser Abteilung zu N.'s Krankheit. Man scheint beim BFF entschlossen, N.'s Krankheit zu ignorieren.
N. ist unterdessen weiterhin in Regensdorf. Er bekommt das nötige Insulin - eine Perspektive wird ihm aber weiterhin verweigert.

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