Bulletin Nr. 29; November 2000

Randnotizen aus der Zürcher Tagespresse

 
5. September 2000
Obergericht spricht Polizisten frei

Trotz eines klaren Gutachtens des Gefängnisarztes (!) und eines «erheblichen Verdachts» hat das Zürcher Obergericht zu Gunsten eines angeklagten Polizisten entschieden. In erster Instanz wurde der Angeklagte vom Bezirksgericht seinerzeit zu einer Busse von Fr. 800.- verurteilt. Der Zwischenfall geht auf den 2. November 1998 zurück. Ein damals 29-jähriger, dunkelhäutiger Häftling erhob schwere Vorwürfe gegen einen Polizisten. Der angeklagte Polizist war während der Einvernahme ausgerastet und hatte dem Häftling beim Verlassen des Büros die Handschellen so stark angezogen, dass diese ihm heftige Schmerzen verursachten. Danach hatte der wütende Polizist den Häftling auf den Flur gestossen und ihn als «Dreckneger» beschimpft. Später hat er ihm noch einen Stoss in die Rippen versetzt und ihm das Hemd zerrissen.
 
21. September 2000
Sprayer während Verhaftung misshandelt

Nachdem einem Sprayer zuerst die Flucht vor einer Patrouille der Stadtpolizei gelang, wurde er beim Limmatplatz von dieser gestellt. Bei seiner Verhaftung wurde er von der Polizei nach Augenzeugenberichten und eigenen Angaben mehrmals geschlagen und getreten. Die Polizei gab die massiven Übergriffe teilweise zu und begründete diese mit dem «renitenten» Verhalten des Sprayers. Das Opfer selber - ein Schweizer mit dunklem Teint - gab an, dass er seiner Meinung nach aufgrund seiner Hautfarbe von den Polizisten geschlagen worden sei.
 
25. September 2000
Obergericht erhöht Strafe gegen Polizisten

Das Obergericht verurteilt einen Polizisten zu vier Monaten auf Bewährung. Der Beamte hatte während einer Verkehrskontrolle eine 46-jährige Frau mit dem Schlagstock geschlagen und sie zu Unrecht verhaftet. Zum Vorfall war es während einer Verkehrskontrolle im Januar 1997 gekommen. Nachdem die Frau ihren betrunkenen Mann von einem Fest abgeholt hat, wurden sie von einer Polizeipatroullie in Zürich-Altstetten mit vorgehaltener Pistole gestoppt. Der erzürnte und betrunkene Ehemann stieg aus und drohte den beiden Beamten damit, dass er AIDS habe und sie in den Hals beissen würde. Darauf wurde die unbeteiligte Frau von den Polizisten als «Schutzschild» benutzt. Während des Handgemenges knüppelte der Angeklagte mit dem Schlagstock mehrmals auf die wehrlose Frau ein und beschimpfte sie. Das Obergericht beurteilte das aggressive Verhalten der beiden Polizisten als «nur schwer verständlich» und sprach von «einem massiven Übergriff». Mit dem Entscheid erhöhte das Obergericht das Urteil von zwei auf vier Monate bedingt. Der zweite mitangeklagte Polizist wurde, wie schon in erster Instanz, freigesprochen.
 
1.Oktober 2000
Frau aus Kamerun nach Polizeikontrolle gestorben

Zwei Stunden nachdem eine Frau aus Kamerun und ihr Freund von der Polizei im Kreis 5 kontrolliert worden sind, ist diese gestorben. Die Frau wurde nach einer Kontrolle auf den Polizeiposten mitgenommen und dort einvernommen. Während der Einvernahme schluckte sie etwas, nach ihren eigenen Angaben ein Medikament gegen Tuberkulose. Sie wurde von der Polizei wieder freigelassen. Ob sie ein Kokainpäckchen geschluckt hat, um ihren vorbestraften Freund zu beschützen, wollte der zuständige Polizeisprecher gegenüber den Medien nicht bestätigen.

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