Bulletin Nr. 28; Juli 2000

Auch Deutschland kennt das Flughafenverfahren

Selbstmord im Transit
Eine 40-jährige algerische Asylbewerberin hat sich am 6. Mai im Transitbereich des Flughafens Frankfurt erhängt. Sie sass dort bereits während 7 Monaten fest. Aus Algerien war sie nach Deutschland geflohen, weil ihr Mann als «Terrorist» gesucht wird. Vor ihrer Flucht wurde sie von algerischen Polizisten mehrfach vergewaltigt.
Der Selbstmord hat in Deutschland für kurze Zeit Licht in die menschenunwürdigen Zustände auf dem Frankfurter Flughafen gebracht. Kirchenverbände und die Arbeitsgemeinschaft Pro Asyl berichteten, dass die algerische Frau bereits bei ihrer Ankunft in einer sehr schlechten Verfassung war. Im Februar hatte sie stundenlange Weinkrämpfe. Am 26. Februar brach sie zusammen und musste in eine Klinik verbracht werden. Pro Asyl spricht in einer Presseerklärung von «tödlicher Untätigkeit» des deutschen Innenministers Otto Schily. Die neue Bundesregierung hatte eigentlich eine Überprüfung des Flughafenverfahrens in Aussicht gestellt, bisher ist jedoch nichts passiert. Die Kirchenverbände registrierten seit 1997 18 Selbstmordversuche auf dem Frankfurter Flughafen. Es gibt Flüchtlinge, die Monate im Transit verbringen müssen, und auf die Behandlung ihres Asylgesuches warten. Der Direktor der deutschen Caritas spricht von einer «unerträglichen psychischen Belastung». Enger Raum, fehlende Grünflächen, Fluglärm und nur unzulängliche Trennung der Geschlechter zehrt an den Nerven. Amnesty International hatte vor kurzem einen Appell von rund 30 Flüchtlingen im Flughafenverfahren erhalten, in dem diese über «inhumane und entwürdigende Bedingungen» und das «Fehlen jeglicher Intimität bei unserem Leben im Transit» klagen.

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