Bulletin Nr. 26; Oktober 1999

Versuchte Vergewaltigung einer Flüchtlingsfrau im Flughafen Kloten

Polizeiliche Macht im Transit

Am 1. August hat ein Beamter der Flughafenpolizei versucht, eine junge Asylbewerberin im Transit des Flughafens Kloten zu vergewaltigen. Die 21-jährige Afrikanerin S. hat Zürich im daraufhin fluchtartig verlassen. Sie musste ein mit ihr reisendes 10-jähriges Mädchen in der Schweiz zurücklassen.

Am Montag, den 2. August, hat die Kantonspolizei Zürich in einer Presseerklärung bekanntgegeben, dass ein Beamter der Flughafenpolizei von einer Asylbewerberin der sexuellen Belästigung beschuldigt wird. Gegen den Beamten sei ein Strafverfahren eröffnet worden. Gleichzeitig habe man ihn mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Die Darstellung der Kantonspolizei bringt in keiner Weise zum Ausdruck, welches Drama sich am 1. August im Transit des Flughafens Kloten abgespielt hat.
Ende Juli ist die mit einem 10-jährigen Mädchen reisende Ruanderin S. bei einem Zwischenhalt in Zürich Kloten von den Schweizer Behörden gestoppt werden. Sie wollte das Mädchen zu seinem Vater nach Brüssel bringen, der dort seit Jahren auf einen Asylentscheid wartet. Das Kind hat seine Mutter im Bürgerkrieg in Ruanda verloren. In den letzten Jahren lebte es bei Verwandten in Ostafrika. Jetzt sollte es zu seinem Vater nach Belgien gehen. Da Belgien eine Familienzusammenführung während eines hängigen Asylverfahrens verweigert, musste die Reise verdeckt organisiert werden.
Da die Reise des Kindes und der jungen Frau auf dem Flughafen Kloten gestoppt worden ist, beantragte S. in der Schweiz Asyl. Das Bundesamt für Flüchtlinge verweigerte der Frau die Einreise, weshalb S. das Asylverfahren im Transit des Flughafens abwarten musste. Da der Aufenthalt im Transit einer Haft entspricht, entschied das BFF gleichzeitig, dass das 10-jährige Mädchen an einen anderen Ort verbracht und damit von seiner Begleitperson getrennt werden müsse. Das Mädchen, das nur einen afrikanischen Dialekt spricht, wurde am 31. Juli von Polizisten aus dem Transit abgeholt und nach Kreuzlingen in die dortige Empfangsstelle des BFF verfrachtet. Auf dem Flughafen zurück blieb die verstörte Frau, die das Kind eigentlich zu seinem Vater bringen sollte.
Am Morgen des 1. August erhielt S. von einem ihr bis dahin unbekannten Uniformpolizisten die Weisung, sich auf seinem Büro zu melden. Die junge Frau kam diesem Befehl nach. Der Beamte verschloss die Tür seines Büros und versuchte, sich an S. heranzumachen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde die junge Afrikanerin Opfer schwerer sexueller Übergriffe eines Schweizer Polizisten. Bevor die Frau das Polizeibüro wieder verlassen konnte, kündigte der Täter ihr noch an, dass er am Abend tatsächlich in ihrem Schlafraum vorbeikommen werde.
Am späteren Abend des 1. August bemerkte die junge Afrikanerin, dass sie tatsächlich von ihrem Peiniger gesucht wurde. Dank der Hilfe anderer Transitflüchtlinge konnte sie ihre Rechtsvertreterin - eine Mitarbeiterin von augenauf - telefonisch über die Vorfälle unterrichten. augenauf informierte sofort die Flughafenpolizei. Bei dem von den diensthabenden Beamten der Flughafenpolizei eingeleiteten Augenschein fand man den besagten Polizisten zusammen mit der jungen Frau im verschlossenen Frauenschlafraum der Transitflüchtlinge. Er hatte versucht, die junge Afrikanerin zu vergewaltigen.
Gegen den Beamten ist bei der Bezirksanwaltschaft Bülach ein Strafverfahren eingeleitet worden. Der zuständige Bezirksanwalt (Martin Bürgisser) ermittelt wegen des Verdachts einer "sexuellen Handlung mit (...) Gefangenen" (StGB 192), einem Offizialdelikt, das mit Gefängnis bestraft wird. Die Behörden hielten es allerdings nicht für notwendig, dem Opfer den Aufenthalt am Tatort zu ersparen und der jungen Afrikanerin die Möglichkeit zu geben, den Transitraum zu verlassen. S. sah sich deshalb gezwungen, den Flughafen Kloten auf eigene Faust zu verlassen. Wir nehmen an, dass sie in ein Drittland ausgeflogen ist.

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