Reaktion der Swissair und des Kantons Zürich Als neuere Entwicklung, die den Behörden wohl Aufwind für das Konzept der "Professionalisierung" geben wird, muss die Meldung der Swissair betrachtet werden, die sich seit einigen Wochen weigert, renitente Ausschaffungshäftlinge, die von fünf Polizisten begleitet werden müssen, zu transportieren. Donzel, Pressesprecher bei der Swissair, erklärte auf Anfrage, dass es für die Fluggesellschaft untragbar geworden sei, ausschaffungsunwillige Häftlinge an Bord zu nehmen und sie in ihre Heimatländer zu transportieren. Die Besatzung und auch die Passagiere störten sich in zunehmendem Mass an den Zwangsausschaffungen, die immer wieder für gehörigen Wirbel und für Unruhe an Bord sorgten. Die zum Teil gefesselten und nur notdürftig hinter einem Vorhang verborgenen Häftlinge liessen sich nicht mehr wie früher einigermassen unauffällig transportieren. Bei der kantonalen Direktion für Sicherheit und Soziales ist man sich der schwierigen Lage der Swissair bewusst. Personen gegen ihren Willen auszuschaffen sei keine leichte und schon gar keine angenehme Aufgabe. [...] Jetzt gelte es, wegen des Stops schnellstmöglich nach neuen Lösungen mit der Swissair zu suchen. Ausserdem sei der Transport mit anderen Fluggesellschaften und mit eigens für Ausschaffungen gecharterten Flugzeugen zu prüfen. (NZZ - 30.9.99) |
gemeinsame Festung Europa - gemeinsame Abschiebung Die Nachrichtenagenturen afp und dpa berichten mit Datum vom 12. Juli 1999 über eine künftige enge Partnerschaft Österreichs und der Schweiz bei gemeinsamen Abschiebungen. Die beiden Staaten werden zu diesem Zweck eine "Clearingstelle" einrichten. Der österreichische Innenminister Schlögel berichtete, dass auch der deutsche Innenminister Otto Schily Interesse für das Projekt angemeldet habe. Noch grösseres Interesse habe Bayerns Innenminister Beckstein gezeigt. Die von den Ländern des künftigen Abschiebeverbunds gemeinsam finanzierte Stelle soll Charterflüge organisieren, die Abzuschiebende in den Teilnehmerstaaten des Verbundes bei Zwischenlandungen aufsammeln und dann zusammen ausfliegen. Das gemeinsame Interesse der Abschiebeverbundländer an Charterflügen dürfte nicht zuletzt in der gemeinsamen Erfahrung der drei beteiligten Innenminister zu sehen sein, von denen jeder nach Todesfällen bei gewaltsamen Abschiebungen in die Kritik geraten ist. Charterflüge reduzieren die Wahrscheinlichkeit, dass es für solche Vorgänge Zeuginnen oder Zeugen gibt, ganz erheblich. Nach dem Tod einer Nigerianerin bei einer Abschiebung aus Belgien im September 1998 wurde bereits in Erwägung gezogen, künftig auch mit kleineren Geschäftsflugzeugen auszufliegen, in denen dann nur die Abzuschiebenden und Sicherheitspersonal wären. Da die Bundesrepublik Deutschland auch eng mit den Benelux-Staaten bei Abschiebungen kooperiert, sind alle Varianten auch bei Abschiebungen aus Deutschland denkbar. Eine weitere Privatisierung der Risiken bei Abschiebungen ist in der Ausgestaltung von Rückübernahmeabkommen zu sehen, die Sicherheitsbegleitung durch das Personal des Abschiebungsziellandes vorsehen. (aus Infomappe Pro Asyl, BRD, Juli 99) |
Der plötzlicher Gewahrsamstod ("Sudden
In-Custody-Death") und was darüber bekannt ist. Der bereits mehrmals erwähnte "Sudden In-Custody-Death" resp. plötzliche Gewahrsamstod, wird in einem Interview von Pro Asyl mit dem Arzt und Psychotherapeuten Claus Metz im Juni 99 erläutert (Auszug): Zu den plötzlichen Gewahrsamstoden muss man erklären, dass in insgesamt 148 Fällen in einer neueren Übersichtsarbeit von 1997 festgestellt wurde, dass nach heftigem Kampf Festgenommene sehr leicht ersticken können, teilweise in 58% der Fälle hauptsächlich dadurch, dass sie in einer überstreckten Haltung gefesselt werden - in USA teilweise sogar mit dicht zusammengezogenen Hand- und Fussgelenken. Nach einem Transport von einer halben Stunde musste man dann plötzlich feststellen, dass bei den Gefesselten keine Atem- und Herztätigkeit mehr da ist, also sie einfach erstickt sind aufgrund des erhöhten Sauerstoffbedarfs. Dieser kann etwa 20 mal so hoch sein wie in Ruhe, d. h. etwa 100 Liter pro Minute, [...] wenn man einen Knebel hat, oder wenn man eben in gekrümmter Haltung festgehalten wird, mit dem Gewicht von sechs Polizeibeamten auf sich oder mit überstreckten Armen. [...] Man kennt inzwischen zwei Fälle, 1992 in Amsterdam und 1999 in Wien, wo eben die Nasenatmung alleine nicht ausgereicht hat, um diesen maximal erhöhten Sauerstoffbedarf zu erfüllen. [...] Wenn man diese Untersuchung kennt, dann kann man mit grosser Sicherheit sagen, dass in den dargestellten Festnahmefällen schlicht und einfach eine Erstickung stattgefunden hat. Das wird auch im Allgemeinen von den Gerichtsmedizinern gesagt, nur wenn es direkt um die Fälle geht, dann wird immer ein Herzstillstand konstruiert und postuliert. [...] Es stellt sich die Frage nach Fahrlässigkeit der Polizeibeamten, die an Festnahmen mit derartigem tödlichen Ausgang beteiligt sind. Ein Fahrlässigkeitsvorwurf setzt Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit voraus. In der Presse war unlängst im Zusammenhang mit dem Fall des Erstickungstodes eines in Wien festgenommenen Nigerianers, dem der Mund zugeklebt worden war, der Wiener Polizeipräsident mit dem Ausspruch zitiert: "Unsere Beamten haben den Übergang der hohen körperlichen Aktivitäten des Schüblings in den Todeskampf nicht bemerkt". [...] In Zukunft muss man, denke ich, schon dann von Fahrlässigkeit sprechen, wenn es allein dadurch zu einer lagebedingten Erstickung kommt, dass ein Festgenommener längere Zeit unbeobachtet mit Fesselung in Bauchlage und mit gebeugten Beinen sowie mit auf dem Rücken gefesselten Armen auf dem Boden bleibt, weil, wie gesagt, in den USA festgestellt worden ist, dass dies in 58 % der Fälle nach heftigem Kampf bei heftig nach Luft ringenden Festgenommenen ausreicht, um zu Tode zu kommen. [...] |
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