Bulletin Nr. 25; Juli 1999

AUSSCHAFFUNGEN UM JEDEN PREIS

Vor Jahresfrist berichtete "augenauf" in einer ausführlichen Dokumentation über die zürcher und berner Praxis bei Ausschaffungen mit Gewalt. Daran hat sich in der Zwischenzeit nur geändert, dass Zwangsausschaffungen von den zuständigen Behörden inzwischen als völlig normal angesehen werden und eine eigene Bezeichnung bekommen haben: Level 3. Bis November letzten Jahres waren noch nicht einmal Ausschaffungen in Handschellen erlaubt – trotz gegenteiliger Praxis. In zwei Schritten wurden dies nun geändert. Im Handbuch des Swissair Flugpersonals sind seit März dieses Jahres die drei Stufen festgehalten:
Level 1: freiwillig, ohne Polizeibegleitung
Level 2: mit Handschellen und Polizeibegleitung
Level 3: Keine Einschränkungen, drei Polizisten als Begleitung und Vorhang im Flieger.
Die letzten Monate haben gezeigt, dass Level 2 kaum mehr angewandt wird. Wer sich auch nur verbal weigert, in den Flieger zu steigen, wird beim nächsten Versuch sofort auf brutalste Art und Weise ausgeschafft. Trotz mehreren Toten in der Schweiz und anderen europäischen Ländern halten die schweizer Behörden an ihrer Ausschaffungspraxis fest. Während in Deutschland Zwangsausschaffungen nach dem neuesten Toten sofort gestoppt wurden, werden in der Schweiz Flüchtlinge, die sich nicht fügen, weiterhin gefesselt und geknebelt mit einem Rollstuhl auf den Flieger gebracht oder vorher mittels Psychopharmaka ruhiggestellt.
Die fremdenfeindlichen Forderungen der SVP und ihrer Nachahmer werden jetzt endgültig umgesetzt. Hohe Ausschaffungsquoten sollen die Effizienz der Polizei beweisen. Das sich nach dem Tod von Khaled Abuzarifeh nichts geändert hat, zeigt: Tote nimmt man in Kauf. Die Verantwortlichen – das Bundesamt für Flüchtlinge, die Fremdenpolizei und die Zürcher Flughafenpolizei – machen ungehindert weiter, haben allerdings beim Vertuschen ihrer Aktivitäten noch einen Zacken zugelegt:
Wie im separaten Pressetext über Accra zu lesen ist, benützt das BFF exterritoriale Gefängnisse in fremden Staaten. Was dort geschieht, mit welchen Mitteln die Deportierten dazu gebracht werden, einer Abschiebung in ihre Heimat oder ein Drittland zu akzeptieren, interessiert die schweizer Behörden nicht mehr. In dem Moment, in dem sie die Flüchtlinge noch vor der Zollkontrolle einheimischen Beamten übergeben, ist ihr Job erledigt. Zwei afrikanische Destinationen sind uns inzwischen bekannt, bei denen das schweizer Botschaftspersonal aktiv mithilft, Flüchtlinge an den Einwanderungsbehörden vorbei direkt in ein sog. ´Hotel´ einzuliefern. Was dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschieht, entzieht sich unseren genauen Kenntnissen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch körperlicher Zwang angewendet wird. Um ihre Ausschaffungspraxis weiter zu verschleiern, haben sich BFF und zürcher Frepo abgesprochen und eine Infosperre verhängt – wie eine Juristin der zürcher Frepo an einer Haftrichterverhandlung bestätigte. In einer Aktennotiz heisst es dazu: «Gemäss telefonischer Rücksprache mit dem BFF werden umfangreiche und zeitintensive Abklärungen mit diversen Stellen getroffen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und gescheiterten Ausschaffungen bleiben Einzelheiten zwecks Sicherstellung der Durchführbarkeit des beabsichtigten Vollzugs unerwähnt.» Damit soll in erster Linie verhindert, dass Ausschaffungen ´via Accra´ oder ähnliche Destinationen bekannt werden. Wenn doch noch Aktenstücke, welche die Ausschaffung und deren Planung betreffen, zu finden sind, dann nur in dieser Form: «Telefon BFF: Es wurde uns mitgeteilt, dass die Abklärungen kurz vor dem Abschluss stehen. Es wird uns so rasch als möglich Bescheid gegeben.»

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Archiv

URL dieser Seite