Bulletin Nr. 24; Mai 1999

Tod bei der Ausschaffung

augenauf fordert parlamentarische Untersuchungskomission

Pressecommuniqué vom 4. März 1999

Am 3. März 1999 ist ein 27jähriger Palästinenser aus ungeklärten Gründen beim polizeilichen Ausschaffungsversuch im Flughafen Kloten gestorben. Die Menschenrechtsgruppe augenauf fordert eine parlamentarische Untersuchungskommission. Nur so können die Umstände, die zum Tod dieses Mannes führten, genau ermittelt werden.
Gemäss Polizeiangaben hat die Bezirksanwaltschaft Bülach eine Untersuchung des Falles eingeleitet. Die Unabhängigkeit dieser Behörde ist für augenauf nicht gegeben. Es ist bekannt, dass Ermittlungen gegen die Polizei von den Bezirksanwälten nur sehr zurückhaltend und widerwillig durchgeführt werden. Die Bezirksanwaltschaft Bülach hat zudem bereits in einem früheren Fall gezeigt, dass sie auschaffende Polizisten auch bei krassen Übergriffen schützt. Der «sans-papier» Ahmad H., der von der Kantonspolizei Zürich Ende März 1998 ausgeschafft werden sollte, wurde in demselben Bereich, in dem der 27jährige Palästinenser jetzt gestorben ist, über den Boden geschleift, weil er sich weigerte, bei seiner Ausschaffung zu kooperieren. Handflächengrosse Brandverletzungen auf dem Rücken waren die Folgen. Die Bezirksanwaltschaft Bülach hat in diesem Fall im August 1998 eine Strafuntersuchung gegen die namentlich bekannten Polizisten eingestellt, mit der Begründung, die angewandte Gewalt sei angemessen gewesen.
Es ist bekannt, dass im Gebiet des Flughafens Kloten Ausschaffungen immer wieder mit Gewalt durchgeführt werden. Wiederholt hat die Kantonspolizei dabei schwere Medikamente zur Ruhigstellung der Auszuschaffenden eingesetzt. augenauf hat verschiedentlich solche Fälle dokumentiert. Es ist im übrigen dokumentiert, dass die Kantonspolizei Zürich für Ausschaffungen mitunter neben Handschellen auch Helm und Zwangsjacke verwendet, sowie Auszuschaffenden den Mund mit Klebeband verbindet. Es ist jetzt endlich an der Zeit, dass diese Methoden öffentlich untersucht und Verantwortliche für Übergriffe zur Rechenschaft gezogen werden. Dies ist eine politische Aufgabe, die nicht einer polizeinahen Bezirksanwaltschaft überlassen werden darf.
Im übrigen verwahrt sich augenauf vehement gegen den Versuch der Kantonspolizei Zürich, den 27jährigen Palästinenser in der Öffentlichkeit als «renitent» und als «Drogenhändler» zu qualifizieren. Damit, so scheint es, soll offenbar präventiv bei der Untersuchung möglicherweise an den Tag kommende Gewaltanwendung oder Zwangsmedikation gerechtfertigt werden.
augenauf, 4. März 1999

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Archiv

URL dieser Seite