Bulletin Nr. 23; Dezember 1998

Weitere Medienberichte und Protokolle

Vom Umgang mit Kranken
X. wurde bereits 1997 aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung vom Ausschaffungsgefängnis Kloten II in eine psychiatrische Klinik verlegt. Nach seiner Entlassung lebte er in einer staatlichen Unterkunft. Im Frühling 98 erhält ein ´augenauf´-Mitglied einen Anruf: X. sei am Morgen von Polizisten abgeholt worden. Der Polizei war es offensichtlich gelungen, ein ´Laissez-Passer´ für X. zu organisieren. X. wurde in eine Zelle im Polizeigefängnis in der Kaserne gebracht. Trotz den Hinweisen, dass er unter einer schweren Krankheit leide, wurde einer Kontaktperson ein Besuch bei X. mit fadenscheinigen Gründen verweigert. Drei Tage später meldet ein Anwalt, dass X. in einer anderen psychiatrischen Klinik auf der geschlossenen Abteilung sei. Der Haftrichter lehnte die erneute Anordnung der Ausschaffungshaft trotz gegenteiligem Antrag der Fremdenpolizei ab. Dennoch blieb X. auf der geschlossenen Abteilung. Bei einem Besuch erzählte er, dass er während des Ausschaffungsversuchs verletzt wurde, weil er gefesselt über den Boden gezogen worden war und dabei die Haut an den Schulterblättern abgeschürft und verbrannt worden sei. Er habe kurz vor der Ausschaffung versucht sich umzubringen, und sei dann in den Bunker der Kaserne geschleift worden. Auch an den Füssen ist X. verletzt. Nachdem den Ausschaffungsmännern klar geworden sei, dass sie X. nicht ausschaffen könnten, hätten sie ihn beschimpft und ins Gesicht geschlagen.
Auszug aus dem ´Vollzugsbericht´ der missglückten Ausschaffung: «X. widersetzte sich vehement... Mit dem Einverständnis des Kapitäns (der Swissair-Maschine) wurde er mit der notwendigen Körpergewalt ... schlug wild um sich ... bevor ... Fesselung am Sitz ... konnte wiederum nur mit Körpergewalt ... beim Rücktransport ... zwei faustgrosse Verbrennungsverletzungen.»
Die Kontaktperson von X. reichte darauf bei Regierungsrätin Fuhrer eine Beschwerde ein. Frau Fuhrer leitete diese der Bezirksanwaltschaft Bülach weiter, welche darauf die Erhebung einer Strafanzeige gegen Unbekannt betreffend «Gefährdung des Lebens und der Gesundheit» prüfte. Am 28.8.98 erliess die Bezirksanwaltschaft Bülach eine Einstellungsverfügung. Ohne Einvernahme von X., dessen Kontaktperson und der am Ausschaffungsversuch beteiligten, namentlich bekannten Kantonspolizisten hält Bezirksanwalt Bürgisser fest:
«Zusammenfassend verstiess das Verhalten der am Ausschaffungsversuch vom 28.3.98 beteiligten Beamten und weiteren Personen weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht gegen eine Strafbestimmung des Schweizerischen Strafrechtes, weshalb das Verfahren unter Übernahme der Kosten auf die Staatskasse einzustellen ist. Mangels übergebührlicher Umtriebe und schwerer Verletzung in den persönlichen Verhältnissen sind keine Umtriebsentschädigungen und Genugtuungen auszurichten.»
Mit keinem Wort geht BA Bürgisser auf die Gewalt der Polizeibeamten ein. Zum Ablauf der versuchten Ausschaffung heisst es bei ihm nur:
«Die Nachforschungen der BA Bülach nach Eingang der Strafanzeige ergaben zudem, dass X. nach seiner letzten Verhaftung, welche im Hinblick auf die geplante Ausschaffung erfolgte, bereits um .... Uhr vom Gefängnisarzt untersucht und behandelt wurde. Nach Scheitern des Ausschaffungsversuches wurde X. bereits zwei Tage später wieder dem Arzt vorgeführt und es wurde zusätzlich der Psychiater S. aufgeboten. Mithin befand sich X. zwischen seinem Aufgriff am 27.3. und dem 30.3.98 nachweislich fast ohne Unterbruch in ärztlicher Behandlung und wurde insbesondere auch am Tage vor dem Ausschaffungsversuch ärztlich untersucht. X. wurde durchaus angemessen medizinisch betreut und am Vortag der Ausschaffung im Hinblick auf diese nochmals untersucht. Auch die Tatsache, dass er als psychisch kranke Person ausgeschafft werden sollte, war rechtmässig. Wie in der Anzeige selber festgehalten wird, hat das Bundesgericht in einem eben X. betreffenden Entscheid klargestellt, dass auch psychisch Kranke ausgeschafft werden können.»
(Aktualisierter Auszug aus der «augenauf»-Doku «um 0700 Uhr übernahmen wir ...»)

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Archiv

URL dieser Seite