Bulletin Nr. 14; Juli 1996
Themenschwerpunkt: Korruption
Diese Ausgabe des Bulletins beschäftigt sich vorwiegend mit einem sehr
brisanten Thema, über das wir noch nie berichtet haben. Im Laufe unserer
Arbeit haben wir immer wieder Andeutungen darüber vernommen, dies aber
lange Zeit nicht so wichtig genommen. Es handelt sich um Geld,
Wertgegenstände und Drogen, die im Laufe polizeilicher Kontrollen,
Hausdurchsuchungen und Haft ‘verschwinden’. Als wir realisiert haben, dass
wir nicht nur von Einzelfällen hörten, haben wir begonnen, dieses Thema
gezielter anzusprechen. Neben vielen kurzen Begegnungen haben vor allem
auch zwei längere Gespräche mit Kennern der Szene den Verdacht auf eine
gewisse Systematik erhärtet. Das Ausmass dieser Fälle ist immer noch kaum
abschätzbar. Wir wollen keinesfalls behaupten, dass sich alle BeamtInnen im
Polizeidienst so einen Nebenverdienst beschaffen.
Es war bei diesem Thema noch schwieriger als bei bisherigen, an konkrete
Fälle mit Ort- und Zeitangaben, wie auch an bereitwillige ZeugInnen zu
kommen. Alle Betroffenen und ZeugInnen haben grosse Angst vor Repressalien,
da sie durch ihre Situation täglich dem Risiko von Polizeiaktionen
ausgesetzt sind. Zum Schutz dieser Leute haben wir alle folgend gedruckten
Aussagen vollständig anonymisiert.
Aus demselben Grund war es bislang nicht möglich, einzelne Fälle juristisch
anzugehen. Unsere ZeugInnen würden von vorneherein als unglaubwürdig
eingestuft werden. Massgebend für uns ist die Menge der sich weitgehend
deckenden Aussagen. Es geht auch nicht darum, dass einzelne BeamtInnen als
Sündenböcke hingestellt werden. Die Verantwortung für den offenbar schlecht
kontrollierten Polizeiapparat liegt bei der politischen und polizeilichen
Führung.
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