Bulletin Nr. 13; Mai 1996

Zeugenaussagen

 
Neues Bezirksgefängnis in Kloten füllt sich
Seit anfang März sind laut Aussagen von Ausschaffungsgefangenen alle Zellen mit zwei, manchmal sogar mit drei Personen belegt (Die Zellen in Kloten sind für zwei Personen gedacht, d.h., die dritte Person schläft auf einer Matratze am Boden). Ebenfalls seit Ende Februar hat sich das Essen verändert: Es gibt zu wenig, und der 'Menüplan' erinnert stark an jenen des provisorischen Polizeigefängnisses Kaserne. Es kommt auch sehr darauf an, welcher Wärter Dienst habe. Je nachdem gibt es wenigstens noch etwas mehr Brot.
 
Im provisorischen Polizeigefängnis Kaserne wird weiter geschlagen
Ein arabischer Mann, der zehn Tage im Propog verbracht hat, berichtet, dass, wer es wagt aufzumucken, nach wie vor geschlagen wird.
 
Polizei applaudiert Skinheads
29. März 1996, 23.30h, Bahnhof Stadelhofen
Eine Gruppe von ca. zehn Skinheads zieht Richtung Bahnhof Stadelhofen, gefolgt von sieben Polizeigrenadieren. Die Skins stürmen dann, teils vermummt, durch die Unterführung auf den bergseitigen Bahnsteig. Dort greifen sie einen jungen Punk an, der allein dasteht, schlagen ihn brutal ins Gesicht, und wollen ihn kopfvoran die Treppe hinunter stürzen. Ein älterer Herr und einige mutige Frauen können dies, zusammen mit zwei Frauen aus der Skinheadgruppe verhindern. Die Grenadiere greifen nicht ein. Einige reagieren sogar mit hämischem, schadenfreudigem Lachen und Sprüchen wie "Geil, wie sie diesen Drögeler abservieren". Schliesslich ziehen die Skins mit dem Faschistengruss und "Heil Hitler"-Rufen ab - unter Beifall der Grenadiere.
GESUCHT: WEITERE ZEUGEN DIESES VORFALLS!
 
Polizei verhaftet Kinder
21.April 1996, 16.30 h, Stockerstrasse, Höhe Gotthardstrasse
"Beim Parkhaus sehen wir, wie zwei Polizisten vor zwei Knaben stehn, die auf dem Gehsteig knien. Der jüngere ist dunkelhäutig und ca. 10 Jahre alt. Der andere hat helle Haare und ist 12-13 Jahre alt. Wir bleiben stehen. In diesem Moment gibt der eine Polizist dem älteren Knaben einen Tritt, weil er sich etwas bewegt. Nach einiger Zeit werden die beiden mit einem Kastenwagen abgeführt."
Anfangs März stürzten sich die Zürcher Medien auf ein gefundenes Fressen - serviert vom Pressedienst der Stadtpolizei: "Sogar Kinder handeln mit Drogen." Und die 'Züri Woche' geiferte auf ihrer Titelseite vom 7. März 96: "Machtlose Justiz im Kampf gegen den neuesten Trick der Drogenmafia: Schon vierzehnjährige werden als Dealer eingesetzt". Dazu publizierte die 'Züri Woche' ein Foto von einem dunkelhäutigen Jugendlichen mit dem Text: "Die Idylle am Bahnhof Wiedikon trügt: Kinder im Schulalter warten auf Drogenkonsumenten und spazieren dann mit ihnen weg." In ihrer nächsten Ausgabe musste die 'Züri Woche' allerdings eine Gegendarstellung veröffentlichen: Die Eltern des abgebildeten Knaben konnten glaubhaft versichern, dass ihr Sohn nichts mit dem Drogenhandel zu tun hat. Er wurde rein zufällig in diesem Zusammenhang fotografiert. Diese kleine Meldung wurde aber kaum mehr wahrgenommen. Der Zweck war ja auch erreicht.
 
Mann auf Polizeiposten bewusstlos geschlagen
Kreis 4, 22.Februar 1996
A. öffnet zwei Zivilpolizisten die Türe, die ihm ein Foto von zwei Frauen zeigen. Da seine Freundin abwesend ist, sagt A., sie sollen in etwa zwei Stunden zurück kommen. Die Polizisten verlangen nun aber seinen Ausweis. A. holt seinen französischen Pass. Die Polizisten behaupten, der sei falsch. A. holt seine Identitätskarte, um zu beweisen, dass der Pass nicht falsch ist. Nun heisst es, A. solle auf den Posten mitkommen. A. wird in der Kaserne in eine Zelle gesteckt, und muss ein Formular mit seinen Personalien ausfüllen. Nach ca. 1½ Stunden wird A. in ein Büro geführt, wo ihm eröffnet wird, dass er in der Schweiz unerwünscht sei, er wohne an einem schlechten Ort. A. weigert sich nach der Einvernahme, das Protokoll zu unterschreiben, da er nicht lesen kann, was geschrieben wurde. Die Polizei sagt ihm, er werde jetzt ausgeschafft. Dann kommen vier weitere uniformierte Polizisten mit einem Hund hinein und bringen A. in einen Seitengang neben dem Büro.
Sie legen ihm Handschellen an und ziehen ihm die Hosen ab. Da A. sich wehrt, wird er mit seinem Gurt gewürgt, und fällt auf den Boden. Nun ziehen die Polizisten ihm den Slip ab. Ein Polizist berührt mit seinem Gummiknüppel mehrmals A's Genitalien, und lacht dabei. Um die zehn PolizistInnen sind in der Zwischenzeit vorbeigegangen. Mit demselben Knüppel berührt der Polizist den After von A. - immer mit demselben Lachen. Nun würgen sie A. mit dem Gurt zum zweiten Mal, bis er bewusstlos wird. Als er wieder zu Bewusstsein kommt, ist er noch im selben Gang. Nun wird er angezogen, und im Gefangenenwagen ins Kripogebäude auf der anderen Strassenseite gefahren. Die Fahrt dauert fünf Minuten. Dort wird A. erkennungsdienstlich behandelt. Nach mehreren Stunden wird A. dann freigelassen.
 
Polizeifalle missglückt
23. April 1996., 15.oo h, Kebab-Stand an der unteren Langstrasse
H. steht am runden Tisch, als L., ein Schweizer Drogenkonsument, auf ihn zukommt und sagt: "Wir haben ein Super-Geschäft abgeschlossen. Vielen Dank" H. ist irritiert, realisiert aber schnell, worum es geht. L. versucht, H. einen in Plastik gewickelten Klumpen, vermutlich Drogen, in die Hosentasche zu stecken. H. stösst L. von sich, dabei fällt der Klumpen zwischen Abfalleimer und Mauer, ohne dass es H. merkt.
In etwa 20 Meter Entfernung haben bereits zuvor zwei Zivilbeamte der Kriminalpolizei mit ihrem silberfarbenen Golf Stellung genommen. Plötzlich stehen sie vor dem Kebab-Stand und wollen H. durchsuchen. Zuerst schauen sie in seine Hosentaschen. Nachdem sie bei H. nichts gefunden haben, nehmen sie L. beiseite. Nach einem kurzen Gespräch kommt L. an den Stand zurück und will den Klumpen aufheben, der immer noch am selben Ort liegt.
Der Betreiber des Kebab-Standes sieht das, kommt aus dem Lokal heraus, hält L. fest, schimpft mit ihm und stösst ihn. Er ruft einen türkischen Mann, der gerade vorbeiläuft, zu Hilfe. Zusammen versuchen sie, L. zu vertreiben. Nun stehen auch die zwei zivilen Polizisten wieder da, mischen sich ein, und befreien L. aus seiner misslichen Lage. Während der eine Polizist L. zur Langstrasse hinzieht, eskaliert ein Wortwechsel zwischen dem Türken und dem anderen Polizisten. Der Zivilpolizist droht ihm, er solle ruhig sein, er habe hier nichts zu sagen, er solle sich um seine eigenen Sachen kümmern. Schliesslich stürzt sich der Polizist auf ihn, wirft O. zu Boden und zieht ihm Handschellen an. Dabei wird er im Gesicht verletzt: Blau-violettes Veilchen am linken Auge, gleichfarbige Unterlippe, Schürfungen in der linken Gesichtshälfte. O. wird zum Golf geführt und verhaftet.
In der Zwischenzeit reden die anderen Leute am Kebab-Stand auf den zweiten Polizisten ein: Wenn schon, dann müssten sie L. verhaften, der habe den Stoff. L. wurde bisher weder durchsucht, noch wurden seine Personalien kontrolliert. Stattdessen hören ZeugInnen, wie der Polizist in einem scheinbar unbeachteten Moment L. zuraunt: "Gib mir den Stoff" und ihm hinter dem Rücken die hohle Hand hinhält. Schliesslich wird L. - der Form halber - auf den Posten mitgenommen.
O. kommt schon bald nach seiner Verhaftung wieder frei. Zuvor hat man auch noch versucht, ihm den Klumpen Drogen anzuhängen. L. ist gleich nach seiner Verhaftung wieder freigelassen worden.

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