Bulletin Nr. 11; Oktober 1995

Schikanen, die zur alltäglichen Praxis der Zwangsmassnahmen gehören:

 
Rechtsvertretung
In den allermeisten Fällen bekommen die Ausschaffungs-Häftlinge erstmals beim Haftprüfungsverfahren nach drei Monaten eineN PflichtverteidigerIn zu sehen. Beim ersten Termin vor dem Haftrichter, bei der Festsetzung der Haft nach maximal 96 Stunden, ist in der Regel keinE AnwältIn anwesend. Ebensowenig bei den verschiedenen Befragungen und Verhören der Fremdenpolizei und der Kantonspolizei.
 
Röntgenuntersuchungen
Minderjährige Häftlinge werden ins Universitätsspital Zürich (USZ) gebracht, wo anhand von Röntgenuntersuchungen der Zähne und der Handgelenke überprüft wird, ob ihre Altersangaben stimmen.
 
Status der aus der Haft Entlassenen:
Immer öfter werden Häftlinge ohne gerichtlichen Entscheid aus der Ausschaffungshaft entlassen. Stattdessen werden sie von der Fremdenpolizei und der Kantonspolizei gedrängt, die Schweiz möglichst schnell zu verlassen. Vereinzelt werden die Gefangenen sogar bis in die Nähe der Grenze gebracht. Eine Ausreise ohne Ausweispapiere ist jedoch unmöglich und illegal, so dass diese Menschen notgedrungen in der Schweiz bleiben. In dieser Situation können sie jederzeit wieder verhaftet werden. Indem die Fremdenpolizei in eigener Kompetenz entscheidet, verhindert sie die Ausstellung einer gerichtlichen Anordnung, der Gefangene sei freizulassen. Obwohl Artikel 14a des Ausländergesetzes festhält, dass Menschen, die nicht ausgeschafft werden können, eine provisorische Aufenthaltsbewilligung erhalten, sperrt sich die Fremdenpolizei dagegen, diese beim Bundesamt für Flüchtlingswesen zu beantragen. Somit bleiben auch jene Flüchtlinge, die durch Gerichtsentscheide freigelassen wurden, in einem rechtlosen Zustand ohne Möglichkeit, eine Wohnung oder Arbeit zu suchen.
Dieses Vorgehen entspricht einem Zwang zu illegalen Handlungen wie dem weiteren illegalen Aufenthalt. So wird Rechtfertigung für die Zwangsmassnahmen, die neuen Gefängnisse, sowie die massive Polizeipräsenz geschaffen.
 
Besuche
Seit Mitte Juli wird das Besuchsrecht von Ausschaffungshäftlingen wieder massiv eingeschränkt. Besuchsbewilligungen werden grundsätzlich verweigert. Es heisst, die Gefangenen müssten selber einen Brief schreiben, in dem sie angeben, von wem sie Besuch wünschen. Da gleichzeitig die Gefangenen häufig eingeschüchtert werden und selten eine Ahnung von ihren Rechten haben, wagen sie es oft nicht einmal, ihre nächsten Freunde oder Verwandten anzuschreiben, aus Angst, diese würden so auch Probleme bekommen. Im folgenden dazu einige Auszüge aus Besuchsprotokollen:
""Z. wirkt resigniert. Es sei ihm jetzt gleich, ob er in Kloten oder im Propog sei, er sei einfach im Gefängnis Er befürchtet, er werde schlechter behandelt, weil er regelmässig Besuch von zwei Frauen erhält. Er will auch plötzlich keinen Anwalt mehr, der könne ihm nur schaden. Es stellt sich dann heraus, dass er keine Kosten mehr verursachen will, da I. inzwischen ihre Stelle verloren hat. Ich erkläre Z., dass er Anrecht auf eine Pflichtverteidigung hat. Jetzt hellt sich seine Miene etwas auf."
" 25.7. Ich suche R. Der Sachbearbeiter (SB) sagt, für eine Besuchserlaubnis sei die Bezirksanwaltschaft (BA) zuständig. Ich erkundige mich, ob das Besuchsrecht neu geregelt sei. Der SB antwortet, R. sei nicht da, es gäbe keine Besuchserlaubnis. Im Off höre ich ihn sagen: 'die Zellennnummer hat sie auch', dann wieder zu mir: 'Der Name ist falsch. Sie müssen mit dem Ausschaffungsbüro telefonieren.' Ich werde mit U. verbunden. Der verweist mich an die BA. Da müsse ein Irrtum vorliegen, erkläre ich ihm. 'Rufen sie später wieder an."
"27.7. H. verlangt das genaue Geburtsdatum, da sie so viele Gefangene hätten und nicht alle kennen könnten. Ich werde weiterverbunden zu I. Der sagt, nur Familienangehörige dürften Besuche machen. Ich möchte doch auch nicht, dass meine Nachbarn wüssten, wenn ich im Knast wäre. Aber doch, antworte ich, ich möchte besucht werden. I. gibt auf und erklärt mir, dass R. in Kloten sei."
"2.8. Ich möchte eine Besuchserlaubnis für A. Ich buchstabiere den Namen und erhalte den Namen des zuständigen SB. Doch der hat jetzt frei, und sein Stellvertreter ist in den Ferien. Also soll ich morgen nochmals anrufen."
"3.8. Der SB will wissen, wer mir den Namen gegeben hat, ob ich mit A. verwandt bin, ob ich von 'augenauf' komme. Ich wolle doch nur die Besuchserlaubnis erschleichen. Er habe keinen Mann dieses Namens. Doch, sage ich, gestern sei er noch da und in seiner Zuständigkeit gewesen. Darauf erwidert der SB, ich solle L. kontaktieren, aber jetzt fände er ihn nicht, der sei in einer Einvernahme. Ich solle aufgeben. Ich verspreche mich später wieder zu melden."
"16.8. Ich schreibe ein Gesuch für die Besuchserlaubnis."
"24.8. Ein eingeschriebener Brief der Kapo. Auf der Insassenliste vom 22.8. ist kein A. eingetragen. Die von mir genannte Zelle sei zur Zeit nicht belegt."

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