Bulletin Nr. 10; Juni 1995

Kommentar

Die Verschwundenen
Wie die Erzählung dieses Besuchers zeigt, ist es alles andere als einfach, nur schon zu erfahren, ob jemand im Ausschaffungsgefängnis sitzt. Es ist jedoch einfach, sich vorzustellen, wie dieses Prozedere für Leute, die nicht gut deutsch verstehen, faktisch fast verunmöglicht, dass jemand besucht werden kann. Eine Ausnahme bilden wohl nur die Fälle, bei denen sich die Fremdenpolizei erhofft, über einen solchen Kontakt an Ausweispapiere zu kommen, die die Ausschaffung erst ermöglichen. Hätte der Besucher im obgenannten Beispiel nicht genau gewusst, dass sein Bekannter wirklich dort im Gefängnis ist, wäre die Geschichte wohl anders gelaufen. Nur die Hartnäckigkeit und die Angabe der Zellennummer (die sich nachträglich erst noch als falsch erwies) haben dazu geführt, dass der Gesuchte plötzlich doch noch 'auftauchte'.
Dies verhindert jegliche Art von Beistand für jemanden, der eventuell sogar zu unrecht im Ausschaffungsgefängnis gelandet ist. Von seiten der Verwandten, Freunde und Bekannten kann nur noch konstatiert werden: Diese Person ist verschwunden. Da die Insassen ihrerseits keine Möglichkeit haben, mit der Aussenwelt in Kontakt zu treten, ist eine Kontrolle über die Vorgänge im Ausschaffungsgefängnis, jedoch auch über das ganze Ausschaffungsprozedere wirksam verunmöglicht. Auch nach der Haft, die meistens mit der Ausschaffung endet, wird es den betroffenen kaum möglich sein, wieder mit Leuten in der Schweiz in Kontakt zu treten, oder sich gegebenenfalls über die Behandlung, die ihnen widerfahren ist, zu beschweren.

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