Bulletin Nr. 6; März 1995
Augenauf fordert die sofortige Schliessung des
Kasernengefängnisses!
Schluss!
Die Zürcher Regierung ist offensichtlich nicht willens und nicht in
der Lage, menschenwürdige und menschenrechtskonforme Gefängnisse zu führen.
Wer das nicht kann, soll dichtmachen!
Wir protestieren gegen die Behandlung der Gefangenen im Polizeigefängnis
"Kaserne" und gegen die Erschiessung eines unbewaffneten Flüchtenden durch
einen Zürcher Kantonspolizisten.
Die Zustände im "provisorischen" Kasernenknast sind absolut unhaltbar. In
den 10.7 Quadratmeter kleinen Zellen müssen sich zwei bis drei Personen
während fast 24 Stunden aushalten. Diese Zellengrösse widerspricht nicht
nur den internationalen Vorschriften, sondern auch den Mindestanforderungen
des Bundesamtes für Justiz, Sektion Straf- und Massnahmenvollzug, das
diese Zellengrösse gerade für eine Person zulässt. Für zwei Personen
schreibt Bern eine Mindestzellengrösse von 16 Quadratmetern vor.
Hilferuf der Entrechteten
Wenn sich die Gefangenen gegen diese Zustände wehren, so ist das nur
verständlich.
Absurd ist die Behauptung der Kantonspolizei, mit der kollektiven
Brandstiftung hätte eine Massenflucht inszeniert werden sollen. So eine
Behauptung passt in die organisierte Desinformationskampagne der Behörden!
Die Kantonspolizei widerlegt ihre Aussage in ihrem eigenen Communique:
Wieso sollten Fluchtwillige "mit brachialer Gewalt aus den Zellen
geholt werden müssen"? (Zitat aus Medienorientierung KaPo vom 27. 3.)
Vielmehr ist diese Aktion als eigentlicher Hilferuf der Entrechteten zu
sehen! Als Hilferuf von Menschen, die zum Teil nichts anderes getan haben,
als sich "illegal" in den Schweizer Staatsgrenzen aufzuhalten. Von
Menschen, die jeglicher Rechte im Rechtsstaat Schweiz beraubt wurden!
Dass auf diesen Aufschrei mit weiterer Repression reagiert wird - wen
wundert's noch. Dass die Repressionsorgane dabei wieder Vorschriften und
Gesetze verletzen - wen wundert's noch!
Wer ist hier kriminell?
Im bereits erwähnten Communique der KaPo wird auch bekanntgegeben, dass
"aus Sicherheitsgründen" ein generelles Rauchverbot im Polizeigefängnis
erlassen worden ist.
Diese Kollektivstrafe kann nur als weiteres Repressionsinstument bezeichnet
werden. Gefangene sollen allen menschlichen Bedürfnissen beraubt werden;
"mit baulichen Massnahmen" soll "die Kommunikation der Gefangenen über die
Fenster erschwert werden".
Dass das generelle Rauchverbot gegen die "Verordnung über die
Polizeigefängnisse" § 30 und gegen die "Verordnung über die
Bezirksgefängnisse" § 43 verstösst - wen wundert's noch?
Wozu sind eigentlich Gesetze und Vorschriften da? Richtig: damit sich das
Volk daran hält. Polizei und Justizdirektoren handeln da lieber mit selbst
definiertem Notrecht!
Flucht als Erschiessungsgrund
In jedem sich "zivilisierter Staat" nennenden Staatsgefüge wird nach einem
Todesschuss durch einen Beamten der Polizist bis zum Abschluss der
Untersuchung im Dienst suspendiert. Nicht so im Staat Zürich. Ist ja auch
nicht nötig, in der Regel werden ja Untersuchungen gegen Polizeibeamte
sowieso eingestellt.
Dass der Polizeibeamte, der einen unbewaffneten, flüchtenden
Untersuchungshäftling erschiesst, gar nicht hätte schiessen dürfen, da
der Einsatz der Schusswaffe gemäss Dienstreglement nur "in Notwehr"
gestattet ist, stand in keiner Zeitung. Vielmehr wird da fleissig das
Polizeicommunique zitiert; dem "Beamten sei nichts anderes übrig geblieben,
als die Schusswaffe einzusetzen". Ohne Warnschuss - einfach so - abknallen.
Noch lange kein Grund sich aufzuregen. Oder?
Augenauf fordert den Einsatz einer unabhängigen Untersuchungskommission,
die Haftbedingungen in den Ausländergefängnissen Kaserne und Kloten untersucht!
Augenauf verlangt eine zügige, unabhängige Untersuchung der Schussabgabe in
Affoltern und die sofortige Suspendierung des Todesschützen!
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