Bulletin Nr. 1; Februar 1995

Chronologie der Ereignisse 2. Teil

28. Januar 1995, 20.00 Uhr: Einsatz der Kantonspolizei auf dem Lettenareal. Ein Zeuge berichtet: «Wir mussten uns alle auf den Boden legen, dann trampelten sie auf unseren Körpern herum. Wer aufschrie oder sich wehrte, wurde getreten.» Rund zwanzig Personen seien zusammengeschlagen worden. Generell werde mit der Faust oder dem Handrücken geschlagen, so dass keine Spuren hinterlassen würden.
29. Januar 1995, 19.30 Uhr: Vor einem türkischen Fast-Food-Restaurant müssen sich rund zwanzig Personen auf den Boden legen, die Arme ausgestreckt, die Beine gespreizt. Wer sich beschwert oder wehrt, wird mit den Kolben von Gummigeschoss-Gewehren geschlagen, an den Haaren gerissen. Polizisten trampeln auf den Rücken der Liegenden herum und treten ihnen mit ihren Stiefeln auf die Hände.
1.Februar 1995, 20.30 Uhr: Vier Personen werden beim Migros-Parkhaus an der Limmatstrasse von Polizisten angehalten. Zwei fliehen. Die anderen zwei werden geschlagen, ihnen werden die Hände auf den Rücken gefesselt. Sie werden auf den Boden gedrückt, herumgeschleift, mit Fäusten und Schuhen am ganzen Körper traktiert. PassantInnen beobachten die Szene schweigend.
23.30 Uhr: Auf dem Lettenareal treiben rund zwanzig PolizistInnen ungefähr zehn Personen mit Gummigeschossen zusammen. Sie müssen niederknien, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und sich nackt ausziehen. Die Kleider werden gefilzt, Geld ohne Quittung eingezogen, anschliessend erfolgt die obligate Analkontrolle. Beim Anziehen fragt ein Polizist einen der Kontrollierten, ob er etwas Parfüm wolle: Der Angesprochene wird unter den Kleidern mit Tränengasspray eingedeckt. Der Vorgang wiederholt sich. Die Verhafteten werden in Handschellen ins Polizeigefängnis Kaserne gebracht. Dort werden sie fotografiert, müssen sich wieder ausziehen und nackt ein Formular ausfüllen. Beim Messen der Körpergrösse wird ihnen unter dem Gespött der Anwesenden die Messlatte auf den Kopf geschlagen.
6. Februar 1995: Am Mittag sitzt eine Frau bei der linken verbarrikadierten Treppe zum Sihlquai auf der Kornhausbrücke und macht sich eine Injektion. Zwei Polizisten in Kampfuniform und mit Gummigeschoss-Gewehren gehen vorbei, schiessen im Vorübergehen aus nächster Nähe direkt auf die Frau und gehen einfach weiter.
Am gleichen Tag steht auf der Limmatstrasse um 16.30 Uhr vor der Migros eine Person und spricht mit einem arabischen Bekannten. Ein Migros-Privatpolizist kommt und beschimpft die Person: «Geh weg hier, du bist ein Schwein!» Der Privatpolizist setzt seinen Tränengasspray ein und versetzt der Person einen Faustschlag in der Höhe des Brustbeins.
7. Februar 1995, 14.30 Uhr: Ein Schweizer Drogenkonsument berichtet von einer Razzia am Sihlquai bei der ehemaligen "Haschbrücke": Das Sihlquai wird von beiden Seiten her gesperrt. Die rund 60 SchweizerInnen werden von den etwa 30 AusländerInnen getrennt. Die SchweizerInnen werden mit Tränengas auf die Brücke gejagt, die AusländerInnen an die Blechwand geschlagen. Mehrere werden misshandelt, eine Person wird vom Kolben eines Gummigeschoss-Gewehrs am Unterkiefer getroffen und blutet stark. Die Polizisten verteilen Schläge mit dem Handrücken auf Magen und Solarplexus. Alle müssen sich nackt ausziehen, um die Analkontrolle über sich ergehen zu lassen.
10. Februar 1995, 16.00 Uhr: Auf dem «Panoramaweg» (Kloster-Fahr-Weg) schildert ein Schweizer Drogenkonsument einen Vorfall, den er unter der Kornhausbrücke beobachtet hat: Zwei Kantonspolizisten werfen zwei Ausländer brutal auf die Mauer unter der Brücke und ziehen ihnen Handschellen an. Die Beine werden ihnen auseinandergedrückt, so dass ihr Oberkörper immer mehr in den Dreck rutscht. Einer der beiden kann kaum mehr atmen, schnappt nach Luft. Die Polizisten drücken den beiden die Gesichter in den Dreck. Einer der beiden wird an den Füssen über die Mauer zurückgerissen. Durch den Aufprall auf der Mauer werden ihm Zähne herausgeschlagen.
Am gleichen Tag werden beim Brückenpfeiler beim Letten Leute mit massiven Gummigeschoss-Salven auf das Lettenareal getrieben. Ein Junkie, der eine Spritze im Arm stecken hat, entkommt. Unter der Kornhausbrücke wird er von eiern Salve von hinten voll an Rücken und Hinterkopf getroffen. Er fällt au den Boden und bleibt dort für einen Moment bewusstlos liegen.
11. Februar 1995, 15.00 Uhr: Bei einer Grossrazzia werden auf dem Lettenareal rund hundert Ausländer zusammengetrieben. Nachdem ihnen Drogen, Geld und persönliche habe ohne Quittung abgenommen wurden, werden sie in Kastenwagen ins Polizeigefängnis Kaserne gebracht. Dort werden bis zu zwanzig Personen in die kleinen Zellen gesperrt, die für 2 Häftlinge ausgelegt sind. Die Gefangenen werden bis 22.00 Uhr polizeilich erfasst, ohne dass sie etwas zu Essen erhalten, die Toilette aufsuchen können, Methadon erhalten oder einen Arzt zu sehen bekommen. Die Gefangenen werden auf dem Unterarm mit einem wasserfesten Filzstift mit rund sechs Zentimeter grossen Zahlen numeriert...

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