Bulletin Nr.54; September 2007

Rubrik Kurzmeldungen

Augen drauf

Ohrfeigen in Handschellen
Samstag, 25. 8. 2007: Ein Velofahrer fährt gegen 9.45 Uhr vom Basler Aeschenplatz in Richtung Stadtzentrum. Da bemerkt er auf seinem Weg einen Verkehrsstau an einer Tramhaltestelle. Er begibt sich näher an das, was er für eine Unfallstelle hält. Die Polizei ist bereits da, aber was M.O. dann beobachtet, sieht nicht aus wie das Sorgetragen um Unfallopfer:
Zwei Polizisten verlassen das Tram mit einem Schwarzen und einem Weissen, letzterer ist wild am Gestikulieren. M.O. vermutet eine erfolglose Ausweiskontrolle. Da dem Anschein nach der Schwarze keine Papiere bei sich trägt, wird er in Handschellen gelegt. Der so Gepeinigte verhält sich dabei ruhig, «er machte auf mich einen völlig friedlichen Eindruck», sagt der Zeuge später. Ruhiges Erdulden der Demütigung im öffentlichen Raum schützt den Fahrgast aber nicht vor einem gewalttätigen Übergriff der Polizei: Kaum in Handschellen, wird er von einem der Polizisten mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, einmal links, einmal rechts.
Was aus den beiden Tramfahrern geworden ist, ist nicht bekannt.
Hat jemand den Vorfall beobachtet und kann weitere Angaben machen (z. B. Namen der beteiligten Beamten)? Bitte richten Sie Auskünfte an basel@augenauf.ch.

Polizist greift Frau zwischen die Beine
Eine Augenzeugin informiert augenauf über folgenden sexistischen Vorfall:
Dienstag, 21. August, zwischen 15 und 16 Uhr, Ecke Militär-/Langstrasse bei der Haltestelle des 31er-Busses:
Drei Polizisten und eine Polizistin halten eine Frau wegen einer Personenkontrolle fest. Sie wird demonstrativ mit Handschellen gefesselt und gegen die Strasse hin zur Schau gestellt.
Der grösste der Polizisten greift der Frau direkt zwischen dem Gürtel und ihrem Bauch in die Hose. Weiterhin tastet er vor den Augen der Fahrgäste des 31er- Busses die Frau zwischen den Beinen ab.
Der Mann führt die «Leibesvisite» durch, obwohl eine beteiligte Polizistin dies hätte übernehmen müssen.
augenauf liegen vermehrt Berichte vor, wie Polizisten in demütigender und sexistischer Absicht Kontrollen an Frauen vornehmen, denn grundsätzlich ist es männlichen Polizisten verboten, Frauen an intimen Stellen anzufassen. Vor sexistischen Übergriffen von Seiten der Polizei sind Frauen nicht nur in Zürich nicht gefeit; auch augenauf Basel ist in letzter Zeit über ähnliche Übergriffe in der Rheinstadt informiert worden.

Anstandstraining nötig
Mittwoch den 11. Juli 2007, 11 Uhr, Limmatstrasse, vis à vis Silberkugel,  Zürich: Zwei junge Polizisten halten an der Limmatstrasse im Zürcher Kreis 5 einen Mann dunkler Hautfarbe fest. Einer der Polizisten fuchtelt dem Mann mit einem Papier vor der Nase herum und redet laut auf ihn ein, während der andere – mit Handschuhen ausgerüstet – den Ausweis beäugt. Offenbar ist gegen das Papier nichts einzuwenden und es liegt scheinbar auch sonst nichts gegen den Mann vor, denn der erste Polizist gibt ihm nach einer Weile das Papier zurück. Der andere Beamte hingegen schmeisst den Ausweis auf den Boden, dem Mann vor die Füsse und geht verärgert mit seinem Kollegen zurück zum Polizeiwagen.
Der Schwarze schaut konsterniert den beiden nach und klaubt seinen Ausweis von der Strasse auf. Wie ist das nun – bekommen diese uniformierten «Jungs» während ihrer Ausbildung kein Anti-Aggressionstraining? Und wer erklärt ihnen endlich einmal, wie man sich nicht rassistisch verhält?

Gebrochener  Mensch
Der junge Algerier N. erleidet bei dem zweiten Versuch, ihn auszuschaffen, nicht nur seelische, sondern auch physische Wunden. Selber bereits so abgestumpft durch eine erfolglose Odyssee durch Europa und sich selbst vernachlässigend, werden auf dem Gefangenentransport zwischen dem Ausschaffungsgefängnis in Zürich und dem Flughafen Genf Rasierklingen unter den Auszuschaffenden verteilt. Dies in der Hoffnung, sich mit einer drastischen Selbstverletzung im letzten Moment vor der Ausschaffung zu retten.

Es kommt, wie es kommen muss: Als die Genfer Polizeirambos N.s Zelle stürmen, springt er auf eine Pritsche und schneidet sich tief in den Unterarm. Einer der Polizisten, ein kleiner Glatzkopf, ruft ihm zu: «Ah, du stehst auf das?» und haut ihm mit dem Knüppel in vollem Schwung dreimal gegen das Schienbein. Das Schienbein bricht, N. wird bewusstlos und wacht erst im Spital wieder auf. Die Ärzte diagnostizieren neben dem Schienbeinbruch auch eine Angststörung und verordnen ihm Beruhigungsmittel. Sie sagen, so was käme öfters vor, und erstatten Anzeige gegen Unbekannt. Als die äusseren Verletzungen verheilt sind, muss N. wieder zurück in Ausschaffungshaft, wo er zunehmend den Verstand verliert. Seine psychische Traumatisierung wird ignoriert, und wenn er sich auffällig benimmt, wird er halt für ein paar Tage in den Bunker, eine Art Isolationszelle innerhalb des Ausschaffungsgefängnis Zürich eingeschlossen.



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