Bulletin Nr.54; September 2007

Rassistische Übergriffe gegen Jüdinnen und Juden verbreitet

«Nur Christen»

Ein Blick in die statistischen Auswertungen von Opfern von Rassismus des Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus gibt Auskunft.

Einige Wochen vor der Ausstellung «fascho! berichte aus dem alltag» in der Shedhalle beschriften Unbekannte in Zürich einige Sitz- und Parkbänke mit Slogans wie: «NUR CHRISTEN». Diese «Kunstaktion» sorgt vor allem bei einem jüdischen Anwohner für Irritation und Unverständnis, denn die Erinnerungen an: «Nur für Arier – Für Juden verboten» und «Nur für Weisse» wirken noch lebendig und bedrückend nach.
Tatsache ist, dass Jüdinnen und Juden laut einer Auswertung aller Fälle, die zwischen 1995 und 2004 bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) eingegangen sind, die am häufigsten betroffene Opfergruppe von «Rassen»-Diskriminierung darstellen. Mehr als ein Viertel aller Strafverfahren wegen einer Verletzung der Rassismusstrafnorm betreffen die jüdische Religionsgemeinschaft (siehe Tabelle). 
«Die grosse Menge von Übergriffen auf Menschen jüdischen Glaubens kann nicht allein auf die Aktivitäten von ein paar besonders ‹umtriebigen› Revisionisten zurückgeführt werden, sondern spiegelt auch eine Vielzahl von Übergriffen im Alltag», erläutert die EKR. Die Alltäglichkeit des anti-jüdischen Rassismus illustriert auch folgender Vorfall, den ein Leser des augenauf Bulletins kürzlich miterlebt hat:
«[...] Am vergangenen Samstag spät abends, nach dem Ausgehen am Sabbat, näherte ich mich dem Bahnhof Wiedikon. Von ferne hörte ich ein Schreien: ‹Ihr verdammten Saujuden!› Da schaute ich genauer hin und entdeckte an der Schimmelstrasse bei der roten Ampel in Richtung stadtauswärts ein Personenauto mit herunter gekurbelter Scheibe. Mehrere Personen sassen darin. Noch einmal wurde aus dem Wagen geschrieen: ‹Ihr verdammten Saujuden!› sowie noch etwas, an das ich mich nicht mehr zu erinnern vermag. Bald wechselte die Ampel von Rot wieder auf Grün und der Wagen fuhr weg.
Ich nehme an, die Beschimpfung hat Juden und Jüdinnen gegolten, die sich von der Synagoge an der Erikastrasse auf dem Heimweg befanden [...].»
Es sind Verunglimpfungen und rassistische Beleidigungen wie diese, die im deutschen Sprachgebrauch nach wie vor anzutreffen sind und ihre Wirkung nicht verfehlen. Dabei richten sie sich ebenso gegen andere in der Schweiz lebende rassisierte Minderheiten wie Schwarze, Fahrende, Roma und andere Gruppen.

So betreffen die von der ERK erfassten Fälle nur jene, die angezeigt werden und die zu einem Verfahren geführt haben. Die Dunkelziffer an rassistischen Übergriffen dürfte bei allen Opfergruppen um ein Vielfaches höher liegen. Unterschiedliches Anzeigeverhalten, Wissen über die Möglichkeit und einen strukturellen Zugang, ein Strafverfahren anzustrengen, spielen ebenso eine entscheidende Rolle bei der Auswertung von (Opfer-) Daten.


aus: www.ekr-cfr.ch/ekr/db/00586/00652/index.html?lang=de
Uebersicht der Opfergruppen

augenauf Zürich



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