Bulletin Nr.54; September 2007

Die Innerschweizer Terroreinheit «Luchs» im Einsatz

Brutaler Polizeiübergriff in Erstfeld

Am 4. Mai 2007 stürmen 15 mit Maschinenpistolen bewaffnete, maskierte Männer die Wohnung der kurdischen Familie H. in Erstfeld. Seither leiden die vier Töchter und deren Mutter unter gesundheitlichen Störungen und benötigen psychiatrische Behandlung. Ihr Vergehen: Sie leben zur falschen Zeit am falschen Ort.

Vor fünf Jahren flüchtet die Familie H. aus der Türkei in die Schweiz und stellt ein Asylgesuch, über das bis heute noch nicht entschieden ist. Seit ihrer Einreise besucht Frau H. eine Psychotherapie, die ihr bei der Bewältigung ihrer traumatischen Erlebnisse hilft. Die Familie mit den vier Töchtern im Alter von 2 bis 12 Jahren wird vom Roten Kreuz in einem Mehrfamilienhaus in Erstfeld untergebracht. Auch in der Wohnung unter ihnen leben Asylsuchende, während die obere Wohnung vom Personal des am Wohnhaus angebauten Nachtklubs «Taverne» genutzt wird. Der Nachtklub gilt als Anlaufstelle des horizontalen Gewerbes.

«Luchs»-Terror im Morgengrauen
Am 4. Mai 2007 wird Herr H. morgens um fünf Uhr von einem Telefonanruf geweckt. Es ist die Polizei, die ihm befiehlt, auf keinen Fall das Haus zu verlassen. Einen Grund für diese Massnahme nennt sie nicht.
Eine Stunde später kommt der grosse Schrecken: Die Wohnungstüre wird eingetreten, 15 maskierte und bis an die Zähne bewaffnete Männer stürmen die Wohnung. Vier von ihnen überwältigen Herrn H. und werfen ihn zu Boden. Er wird gefesselt und seine Augen werden mit einer Augenbinde versehen, während die vier Mädchen und Frau H. aus ihren Betten ins Wohnzimmer getrieben werden. Die Frau hat panische Angst, die Mädchen weinen. Die Polizei verbietet ihnen zu sprechen. Sie verstehen nicht, was passiert. Die maskierten Beamten der Innerschweizer Antiterror-Einheit Luchs  erklären ihr gewaltsames Tun zu keinem Zeitpunkt. Herr H. liegt zwei Stunden gefesselt auf dem Fussboden. Dann transportiert man ihn nach Altdorf auf den Polizeiposten, wo er über den Hintergrund des Geschehens informiert wird.
Zur gleichen Zeit dringt ein anderer Polizeitrupp auf gleiche Weise in die untere Wohnung ein und überwältigt dort den schlafenden kurdischen Asylbewerber A. Er erleidet dabei eine Kopfverletzung und verliert das Bewusstsein. Drei Stunden später wacht er im Kantonsspital Altdorf wieder auf. Die Polizei bringt ihn auf den Posten von Altdorf. Um 11 Uhr werden A. und H. freigelassen.
Was ist in dieser Nachtpassiert? Etwa um 3 Uhr ist ein Asylbewerber, der zusammen mit dem Kurden A. in der unteren Wohnung untergebracht ist, in den Nachtclub «Taverne» gegangen, wo es zum Streit mit ein paar Schweizern kommt. Der Asylsuchende, der seit geraumer  Zeit unter erheblichen psychischen Problemen leidet, holt ein Küchenmesser, ersticht damit zwei Männer und verletzt einen dritten. Nach der Tat flüchtet er und wird seither international gesucht.
Die Polizei geht aufgrund einer Zeugenaussage davon aus, dass sich der Täter noch immer im Haus aufhält, riegelt die Umgebung hermetisch ab und stürmt danach die beiden Wohnungen. Aus Sicht der Polizei ist dies die einzig richtige Strategie, da sie von einem hohen Gefährdungspotenzial für die anderen HausbewohnerInnen (z.B. Geiselnahme) ausgeht.
Der brutale Polizeieinsatz wirft die Frage nach der Verhältnismässigkeit auf. Wie wäre die Polizei in einem vorwiegend von SchweizerInnen bewohnten Wohnhaus vorgegangen? Wie können die traumatischen Erlebnisse, die die Familie H. durchlebt hat, wieder gutgemacht werden? Die Kinder und ihre Mutter leiden darunter und benötigen psychiatrische Behandlung.

Weder die Polizei noch gemeindliche oder kantonale Behörden haben sich bis heute bei den Betroffenen zumindest entschuldigt. Sie übersehen, dass nicht nur die Hinterbliebenen der beiden Getöteten Opfer dieses schrecklichen Ereignisses sind. Die Diskriminierung von Behörden gegenüber Asylsuchenden ist weit verbreitet und widerspiegelt deren heutige gesellschaftliche Geringschätzung. Die gezielte Diffamierung von Asylsuchenden aus der rechten politischen Ecke zeigt offensichtlich Wirkung.

augenauf Zürich



Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Archiv

URL dieser Seite