Bulletin Nr.53; Juni 2007

Keine Auslieferungen in die Türkei!

Freiheit für Zeynep Yesil!

Bundesrat Christoph Blocher will auf Rechtsstaatlichkeit pfeifen. Politische Interessen haben Vorrang.

Zeynep Yesil kommt aus einer armen kurdischen Familie. Als sie als Kind ihre Augen öffnet, sieht sie Krieg: Dörfer brennen, Menschen müssen fliehen, Eltern sterben vor den Augen ihrer Kinder. Im Kampf gegen die allgegenwärtige Gewalt und als Frau persönlich betroffen von jeder Ungerechtigkeit, gerät sie in den Konflikt mit dem Militär. Sie muss mit 16 ihre Familie verlassen und aus Angst vor Haft und Folter untertauchen. Nach ihrer Flucht aus der Türkei stellt sie am 19. Juni 2006 in der Schweiz Antrag auf Asyl. Zwei Tage nach Einreichen ihres Antrages wird sie von der Schweizer Polizei, gestützt auf einen Interpolhaftbefehl der Türkei, in Auslieferungshaft gesetzt
Die türkischen Behörden werfen Zeynep Yesil die Beteiligung an der Entführung und Tötung eines Dorfwächters im Oktober 1993 vor. Belegt wird dieser Vorwurf einzig durch die Aussagen eines Überläufers, der in der damaligen Bürgerkriegssituation im Südosten der Türkei mit Sicherheit gefoltert worden ist. Laut Bundesgericht sei in den kurdischen Gebieten von 1992 bis 1997 systematisch gefoltert worden, namentlich bei Terrorismusverdacht.
Nach beinahe einem Jahr in Haft in Basel wird Zeynep Yesil freigelassen, weil das Bundesstrafgericht den Auslieferungsentscheid aufgehoben hat.
Die Begründung in ihrem Falle ist die, dass der Deliktsvorwurf ungenügend geklärt sei oder zumindest einen Widerspruch aufweise und dass die Anklage sich ausschliesslich auf die Aussage eines Überläufers stütze. Damit konnten von der Türkei nur Beweismittel beigebracht werden, die unter Folter zustande gekommen sind.
Nun hat das Bundesamt für Justiz den Entscheid beim Bundesgericht angefochten. Aus heutiger Sicht ist die Beschwerde ans Bundesgericht in Auslieferungssachen zum Schutze von Verfolgten im Gesetz verankert, ob also auch eine Beschwerde zum Nachteil der/des Verfolgten möglich ist, bleibt offen.

Voreilige Zusage
Offenbar möchte das Bundesamt für Justiz hier mit allen Mitteln die von Bundesrat Blocher anlässlich seiner Türkeireise gegebene Zusage über die Auslieferung namentlich genannter Flüchtlinge erfüllen. «Was Bundesrat Christoph Blocher am Mittwoch im Justizministerium der türkischen Hauptstadt Ankara erklärte, dürfte für die Ohren seines türkischen Amtskollegen Cemil Cicek wie Musik gewesen sein: Die Schweiz [...]  wolle aber, auch aus Eigeninteresse, individuelle Auslieferungen ernsthaft überprüfen. Zur Diskussion stehe die Auslieferung von Erdogan Elmas, Zeynep Yesil, Mehmet Esiyok und Zübeyir Aydar.» (NZZ Nr. 231, 5.10.2006)
Erdogan Elmas wird bereits am 30. Januar aus der Auslieferungshaft entlassen, Zeynep Yesil folgt ihm am 25. April. Es kann nicht angehen, dass Zeynep nun durch einen Weiterzug ans Bundesgericht wieder in Gefahr gerät, an den Verfolgerstaat Türkei ausgeliefert zu werden.
augenauf verlangt darum die sofortige Anerkennung als Flüchtling aller von diesem einer Demokratie unwürdigen Auslieferungshandel Betroffenen und ein Ende dieses Verfahrens, das, statt der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet zu sein, ganz offensichtlich den politischen Interessen der Schweiz dienen soll.

augenauf Basel



Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Archiv

URL dieser Seite