Bulletin Nr.53; Juni 2007

Ausschaffungen sind Doppelbestrafungen

Im Würgegriff der Schweizer Behörden

Verfolgt von der PKK, flüchtet der Nordiraker Mustafa Y. in die Schweiz. Nach der Verbüssung einer Haftstrafe droht ihm die Ausschaffung in seine Heimat.

Mustafa Y. wurde 1986 geboren. Aufgewachsen ist er im Nordirak, wo er schon früh Erfahrungen mit der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistan, PKK) machte. Da seine Familie dem Barzani-Clan angehörte, wurde auch er in den Machtkampf, der mit dem Bürgerkrieg ausbrach, hineingezogen. Als sein Bruder von der PKK ermordet wurde, wollte er ihn rächen. Er geriet in PKK-Gefangenschaft und konnte in die Türkei fliehen. Da Kurdinnen und Kurden jedoch kein Asyl in der Türkei erhalten, hoffte er auf Europa. Er reiste im Jahre 2003 in die Schweiz und stellte einen Antrag auf Asyl. Der Antrag wurde durch alle Instanzen abgelehnt, Mustafa Y. wurde in einem Asylheim untergebracht.

Haftentlassung wegen guter Führung
Zu dieser Zeit warf ihm die Schweizer Strafverfolgung Drogenhandel vor. Beim anschliessenden Prozess wurde er zu 21/2 Jahren Haft verurteilt. Ein Drittel der Strafe wurde ihm wegen guter Führung erlassen. Für Mustafa Y. war dies eine schlechte Nachricht. Am Tag seiner anstehenden Haftentlassung wurde ihm mitgeteilt, dass er aus der Schweiz ausgeschafft werde. Seither sitzt er ohne Urteil im Strafvollzug widerrechtlich fest. Danach droht ihm Ausschaffungshaft, die unterdessen bis zu 18 Monaten dauern kann.
Auch wenn es im Moment keine Rückschaffungen in den Irak gibt, droht Mustafa Y. die zwangsverordnete Rückreise. Wenn eine Straftat vorliegt, ist es den Schweizer Behörden egal, Leute in Kriegsgebiete auszuschaffen oder in Länder, welche die Todesstrafe anwenden.

Unterschiedliche Strafmasse
Der Staat hat mit dem Gewaltmonopol Regeln erlassen, wie Vergehen zu bestrafen sind. Auch wenn laut Verfassung keine Person aufgrund ihrer Rasse, Religion oder ihres Geschlechts benachteiligt werden darf, gelten je nach Pass andere Regeln. Ausschaffungen in Kriegsgebiete sind immer auch eine zusätzliche Bestrafung. AusländerInnen können länger in diesem Land leben als du oder ich – solange sie keinen Schweizer Pass besitzen, haben sie weniger Rechte, und wenn sie straffällig werden, erst recht.
Inzwischen ist diese Ansicht so verbreitet, dass auch linke Kreise in das Gehetze gegen so genannte Drogenhändler einstimmen. Dabei vergisst man den Grundsatz, dass für jede Straftat ein Gesetz angewendet werden soll. Die «Straffälligen» müssten mit der Verbüssung der Strafe auch die Sicherheit vor doppelter Bestrafung haben. Doch die Ausschaffung ist nichts anderes.

augenauf Basel



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