Bulletin Nr. 51; Dezember 2006
Private Sicherheitsfirmen sind noch schlechter als ihr Ruf
«Jeder Mitarbeiter [sic] muss seine Aufgabe mit einer tadellosen Ethik führen, indem er gewissenhaft die Regeln, die Verfahren und die Anweisungen respektiert. Sicherheit bedeutet Schutz, Vertrauen und innere Ruhe. Unser Beruf besteht darin, diese Werte mit bestimmten Situationen zu verbinden (…). Jeder neue Mitarbeiter [sic] erhält eine Fachausbildung in technischen Belangen, Berufsethik, Brandverhütung, erster Hilfe, Signalementslehre, Rechtskunde und Sozialkompetenz.»
Wohin diese «Fachausbildung» führen kann, erfuhr Liliane A.* hautnah im Bus von Montreux nach Vevey bei einer Billettkontrolle. Obwohl sie im Besitz einer gültigen Busfahrkarte war, die ihre Arbeitgeberin ihr gegeben hatte, bezichtigte der in «Sozialkompetenz» und «Rechtskunde» ausgebildete Kontrolleur die Frau im Beisein aller Buspassagiere des Schwarzfahrens und der Buskartenfälschung. Dann forderte er Liliane A. auf, den Bus zu verlassen. Während des ganzen Kontrollprozederes musste der voll besetzte Bus an der Haltestelle warten.
Liliane A. protokollierte anschliessend: «Dann nahm er mir die gültige Karte weg, rief die Polizei und verpasste mir eine Busse von 100 Franken. Für Fahren ohne gültiges Billett und für das gefälschte Billett» – angeblich.
Die Polizei kritisiert – und steht selbst in der Kritik
Anfang November dieses Jahres kritisierte just der Polizeibeamtenverband der Schweiz die Securitrans für Übergriffe an Zivilpersonen und zitierte als Beispiel einen Übergriff aus dem Jahr 2005 von zwei Angestellten im Bahnhof Bern (NZZ 10. 11. 2006).
Aber auch die Polizei kann ihre Hände nicht in Unschuld waschen; kritische BeobachterInnen übergriffiger Kontrollen und Razzien weist sie immer wieder vehement weg und droht ihnen stets nach dem gleichen Muster: Anzeige wegen Nichtbefolgens einer polizeilichen Anordnung und Behinderung einer Amtshandlung, wie die Baslerin Anni Lanz miterlebt hat. Eine Klage kann für Betroffene leider ziemlich teuer und aufwändig werden und endet fast immer ergebnislos, d.h. mit Freispruch der TäterInnen. Dennoch möchten wir die LeserInnen des augenauf Bulletins einmal mehr daran erinnern, dass wir Beobachtungen und Mitteilungen über Misshandlungen und Übergriffe seitens der Polizei und sogenannter Sicherheitsfirmen wie Protectas, Securitas, ORS usw. entgegennehmen. Alle Hinweise und Protokolle werden vertraulich und wenn gewünscht anonym behandelt.
* Name der Redaktion bekannt
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