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Bulletin Nr. 50; September 2006

Die neu gegründete somalische Jugendorganisation wehrt sich

Wütende Proteste somalischer Flüchtlinge

Am 5. September haben in Bern rund 200 somalische Flüchtlinge gegen ihre prekäre Situation protestiert. Zornig und lautstark versammelten sie sich vor dem Bundesamt für Migration (BfM) und demonstrierten anschliessend in der Stadt. Ein Versuch der jungen SomalierInnen, sich gegen ihre «kollektive Depression» zu wehren.


Dienstag, 5. September: Während eine Delegation der Jugendorganisation «United Somali Youth» (USY) sich mit VertreterInnen des BfM trifft, werden vor den Eingangstoren des Amtes kurze Reden auf Somalisch, Deutsch, Französisch und Englisch gehalten. Die Redner kritisieren den Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben sowie fehlende Bildungs-, Reise- und Arbeitsmöglichkeiten. Tosender Applaus von den umstehenden Somalis und einer Hand voll solidarischer SchweizerInnen ertönt. Die Wut und Enttäuschung der somalischen Flüchtlinge ist spürbar. Es sind zornige und lautstarke Proteste, wie sie das «Bundesamt für Migration» in seiner Geschichte wohl selten erlebt hat. Nach dem Gespräch gibts eine Demo in die Stadt.
Zur Demonstration aufgerufen hat die USY. Die Jugendorganisation wurde Anfang August gegründet und kämpft für die Verbesserung der Lebensbedingungen somalischer Bürgerkriegsflüchtlinge. In einem ersten Fazit ist sie zufrieden mit der Demonstration. Von Seiten des Bundesamtes für Migration wurden zudem weitere Gespräche nach der Abstimmung vom 24. September zugesichert, was für die USY ein Teilerfolg ist.

Leben im Dauerprovisorium
Nicht erst seit heute sind die prekären Lebensbedingungen und die behördliche Diskriminierung ein Thema innerhalb der somalischen Community. Viele Somalis leben seit über 15 Jahren als «vorläufig Aufgenommene» in der Schweiz. Verdammt zu einem Leben ohne Perspektive, voll Lethargie und versunken in einer Art «kollektiver Depression». Viele haben resigniert und schon längst reden die Somalis von ihrer «verlorenen Generation».
Die Situation der somalischen Flüchtlinge ist ein gutes Beispiel für die negativen Auswirkungen einer katastrophalen und menschenverachtenden Asyl- und Migrationspolitik. Obwohl allen Beteiligten klar sein müsste, dass die Somalis in absehbarer Zeit nicht in ihr Heimatland – das de facto nicht mehr existiert – zurückkehren können, wird ihre Integration gezielt verhindert. Die Somalis stellen für die Schweiz lediglich ein «Bauernopfer» dar im innereuropäischen Wettkampf um die besten Abwehrmechanismen gegenüber unerwünschten MigrantInnen. Wen interessiert es da schon, dass in Somalia einer der derzeit schlimmsten Bürgerkriege wütet, wen interessiert es da schon, ob die zehntausend Somalis in der Schweiz sich integrieren können oder nicht?

Wo ist die «integrative Aufnahme» geblieben?
Dass sich die zuständigen Behörden der Problematik bewusst sind, zeigt der Umstand, dass der Bundesrat im Juni 2002 erklärte, im Rahmen der Asylgesetzrevision den neuen Status der «integrativen Aufnahme» zu schaffen. Dies hätte für die Betroffenen eine weitgehende Annäherung an den Status eines politischen Flüchtlings bedeutet und wäre mit Reisefreiheit, Zugang zu Bildung, erleichterter Arbeitssuche und dem Recht auf Familiennachzug verknüpft gewesen.
Im Paket, über das am 24. September entschieden wurde, ist davon nichts mehr zu finden. Diese Haltung kann nur als zynisch und menschenverachtend bezeichnet werden. Mit den sozialen Problemen, die diese Politik schafft, wird die Schweiz noch Jahrzehnte zu kämpfen haben. Migration lässt sich nicht einfach behördlich verbieten.

augenauf Zürich


Weitere Aktivitäten sind in Planung. Dazu braucht es finanzielle Mittel und solidarische MitkämpferInnen. Infos: United Somali Youth, Postfach 1319, 8021 Zürich Spendenkonto: 85-641862-8

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