Bulletin Nr. 49; Juli 2006



vor und in der Reitschule vom 18. Mai 2006

Im Januar 1998 startete die Task Force Drogenpolitik mit der «Aktion Citro» eine Verhaftungskampagne gegen «mutmassliche Dealer» – in ihren Augen waren dies vor allem junge afrikanische und albanische Männer. Die Stadtpolizei nahm während dieser Aktion über 2000-mal Personen fest, die diesem Feindbild entsprachen, viele Männer wurden mehrere Male verhaftet. Die Task Force Drogenpolitik feierte in regelmässigen Medienkonferenzen die willkürliche Verhaftung von hunderten von Afrikanern und Albanern bzw. «mutmasslichen Dealern» als Erfolg. KritikerInnen der Aktion Citro, u.a. die «gassennahen Organisationen», bekamen bei Treffen mit höheren StadtbeamtInnen der «Task Farce» zum Teil Obskures zu hören: Die Stadtpolizei wehrte sich gegen Rassismusvorwürfe mit dem Argument, sie führe regelmässig interne Kurse mit dem Namen «Wir und die Fremden» durch. Ein Stadtbeamter erklärte gar, man könne es auch so sehen, dass es der Task Force darum ginge, die einheimischen KMUs zu fördern und die anderen loszuwerden – also quasi Protektion für «einheimische » Dealer.


Der Vorplatz der Reitschule
Repressive Gassenhatz, rassistische Übergriffe und der ab 1998 aufkommende obrigkeitliche Wegweisungswahn in der Innenstadt führten entweder dazu, dass die potenziellen Opfer – egal ob Dealer oder Nichtdealer – die Innenstadt mieden oder in die Aussenquartiere auswichen. Teile der Dealer- und Drogenszene bevölkerten auch immer wieder den Vorplatz der Reitschule, was von andern BesucherInnen und von den BetreiberInnen des autonomen Kultur- und Begegnungszentrums als ziemlich nervig empfunden wurde und wird. Pöbelnde Männergruppen, gewalttätige Machtkämpfe, Drogenkonsumierende, die auf den WCs snifften, und Dealer, die die Klos verstopften, um die verschluckten und dann rausgeschissenen Cola-Portionen rauszufischen, usw.
Doch am meisten nervte die Drogeneinheit Krokus mit kleineren und grösseren Razzien auf dem Vorplatz: Brutales Vorgehen, primitive Sprüche gegen Schwarze, Nordafrikaner und Linke und ihre offensichtliche Unfähigkeit stiessen auf Unverständnis und Widerstand. Im buchstäblich heissen Sommer 2003 führte das Vorgehen der Polizeigrenadiere des Öftern zu kleineren und grösseren Strassenschlachten.
Verschiedene Krokusgrenadiere fielen immer wieder durch Brutalität, Rassismus und Menschenverachtung auf. Egal, ob auf der Grossen Schanze, in der Innenstadt oder auf dem Vorplatz – eine knappe Handvoll Namen tauchte bei gewalttätigen Übergriffen immer wieder auf. Die Polizeiführung, der die Übergriffe nicht entgangen sein konnte, intervenierte nie. Auch in inoffiziellen Gesprächen mit Vorgesetzten stellten sich diese jeweils hinter ihre Mannen, obwohl die Faktoren Gewalttätigkeit, Hass, Rassismus, religiöser Wahn, Menschenverachtung und ein berufsbedingtes Burn-out-Syndrom die Vorgesetzten eigentlich dringend zum Handeln (Versetzung in Bürojobs, Ferien, psychologische Hilfe, Entlassung usw.) gezwungen hätten.
Nach einem relativ Razzia-armen Winter und Frühling hat nun die Stadtpolizei am 18. Mai 2006 den angekündigten Razziaintensiven Sommer eingeläutet.


augenauf Bern

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