Bulletin Nr. 47; Dezember 2005



Massendeportation bei Nacht und Nebel

Europäische Polizeien organisierten am 15. September 2005 unter Beteiligung der Schweiz einen Sammelcharter zur Abschiebung afrikanischer Flüchtlinge.
Eine Nacht-und-Nebel-Aktion war es, für die eigens das Hamburger Nachtflugverbot aufgehoben wurde, in der 27 Menschen nach Togo, Nigeria und Benin ausgeschafft wurden. Zwölf von ihnen hatten zuvor in Britannien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Malta und in der Schweiz gelebt. Während sich die Hamburger Behörde für Inneres und das deutsche Bundesministerium für Inneres in Pressemitteilungen gegenseitig symbolisch auf die Schulter klopften, dass diese gemeinsame internationale Aktion doch sehr gut organisiert und durchgeführt worden sei, sahen Menschenrechtsorganisationen die Sache anders. Sie verwiesen darauf, dass es in der bisherigen Abschiebepraxis zu massiven Menschenrechtsverletzungen gekommen sei – kein Wunder, hatten die Behörden auf absolute Geheimhaltung gesetzt. So wurden bei einer Abschiebung 2004 nach Togo die abgelehnten Asylbewerber gefesselt, und man stülpte ihnen einen Helm über den Kopf. Überwacht von maskierten und mit Gas und (Tonfa-)Schlagstöcken ausgerüsteten Polizeieinheiten kamen bereits damals auch Body-Cuffs – amerikanische Ganzkörperfesselsysteme – zum Einsatz.

Bewusste Täuschung der Öffentlichkeit
dass ausschliesslich Personen abgeschoben wurden, «deren Abschiebung zuvor bereits an erheblichem Widerstand gescheitert war» beziehungsweise, dass es sich um Menschen handelte, die zum Teil «verurteilte Straftäter» waren, «insbesondere aber um Personen, die aufgrund von Renitenz und Gewalttätigkeit nicht per Linienflug» abgeschoben werden konnten.
Dass sich dies als Lüge entpuppte, machte die Karawane Hamburg klar und bezichtigte die Behörden der bewussten Täuschung der Öffentlichkeit: bei sechs der acht aus Hamburg deportierten Asylbewerber war es der erste Abschiebeversuch; auch bei den zwei aus dem Bundesland Mecklenburg- Vorpommern deportierten togolesischen Flüchtlingen habe es bisher keinen Abschiebeversuch gegeben und beide seien nie straffällig geworden. Was wird hier also als kriminelles und renitentes Verhalten verbreitet? Während diese Aktion durchgezogen wurde, galt immer noch die Aufforderung des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) vom August 2005, keine erzwungenen Abschiebungen nach Togo durchzuführen; dort hatte es nach den Präsidentschaftswahlen vom April 2005 Hunderte von Toten und mehrere Zehntausend Flüchtlingen gegeben.
Und was ist aus den aus der Schweiz nach Hamburg gebrachten Flüchtlingen geworden? Woher kamen sie, wie viele waren es? Darüber wurde in unserem Land nichts bekannt – die reibungslosen Abschiebungen sollen ja nicht gestört werden.

augenauf Basel

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