Bulletin Nr. 47; Dezember 2005

Zur laufenden Verschärfung der Ausschaffungspraxis

augenauf ist Winkelried

Die Registrierung von 3000 Handys von Flüchtlingen hat augenauf den «Winkelried» der Big-Brother-Awards 2005 eingetragen. Anlass für eine kleine Zwischenbilanz der Ergebnisse unserer «Prepaid-Aktion».
Mit der Registrierung von 3000 Prepaid-Karten habe «augenauf eine Gesetzeslücke sinnvoll genutzt, beziehungsweise aufgezeigt, dass die flächendeckende Registrierung von Prepaid- Handys unnötig hohe Kosten verursacht und letztlich ins Leere läuft», schreiben die PreisverleiherInnen in ihrer Laudatio (www.bigbrotherawards.ch).
Zur Erinnerung: Aufgrund einer vom Parlament beschlossenen Revision des Telefonüberwachungsgesetzes (BüPF) mussten bis zum 31. Oktober 2004 alle BesitzerInnen von Prepaid-Handys bei den Telefongesellschaften ihre Identität registrieren lassen. Für die Registrierung wurden allerdings nicht alle ausländischen Papiere anerkannt. Ausweise von Asylsuchenden – so genannte N- und F-Ausweise – galten nicht als rechtsgenügender Identitätsnachweis. Die Anbieter von Prepaid-Handys waren aber angehalten, auch Sammelregistrierungen entgegenzunehmen. Ein rundes Dutzend von augenauf gestellte Patinnen und Paten erscheinen deshalb heute beim Bakom (Bundesamt für Kommunikation) als «EigentümerInnen» von mehreren hundert SIM-Karten. Mit unerwarteten Folgen, wie diverse «Patinnen» und «Paten» von augenauf in den letzten Monaten feststellen durften.
Sie hatten nämlich die Freude, mit diversen Polizeibeamten in Kontakt treten zu dürfen, die bei ihren gerichtspolizeilichen Recherchen auf Handynummern gestossen sind, die von augenauf-PatInnen registriert worden sind. Die Kontaktnahme reichte vom einfachen Telefonanruf, über die übliche polizeiliche Einvernahme, bis zum morgendlichen Besuch eines Polizisten. Grund dafür waren in der Regel Anordnungen übereifriger UntersuchungsrichterInnen und Staatsanwälte, die nach allen Nummern, die in ihren Ermittlungen auftauchten, «fahnden» liessen.
In der Regel waren die PolizeibeamtInnen genervt. Die «Verfolgung» aller Handynummern, die auf einem bei einer Razzia sichergestellten Mobiltelefon auffindbar sind, ist eine sehr zeitaufwändige Arbeit. In den Gesprächen mit den augenauf- PatInnen gaben die ermittelnden Beamten immer wieder zu verstehen, dass der «Ertrag» dieser Ermittlungen ausserordentlich gering sei. Und sie gaben auch zu, dass sie bei ihren Nachforschungen viel lieber den Namen eines Asylsuchenden mit N- oder F-Ausweis erhalten würden als die Personalien der SammelpatInnen von augenauf. Denn diese – das scheinen in der Zwischenzeit auch die kältesten der wieder auferstandenen kalten Krieger gemerkt zu haben – können nicht für Taten belangt werden, die allenfalls mit der Hilfe eines Telefons begangen worden sind, das sie einmal registriert haben.
Noch etwas ist dank der grossen Zahl von Telefonnummern, die augenauf-PatInnen registriert haben, ruchbar geworden. Es ist schon mehr als einmal vorgekommen, dass Polizisten mit uns Kontakt aufgenommen haben, die einem Asylbewerber eine SIM-Karte abgenommen haben, die in den Polizeicomputern nicht als gestohlen gemeldet gewesen ist. Die Polizisten wollten dann fragen, ob wir das Handy zurückhaben möchten – was natürlich nicht der Fall war. Die Vorgänge belegen eine auch in anderen Zusammenhängen gemachte Feststellung: Dass nämlich die Polizei Flüchtlingen bei Kontrollen immer mal wieder ihr Eigentum wegnimmt. In der Regel geschieht das mit dem Hinweis darauf, dass sie ja gar kein Geld hätten, um sich Waren wie ein Handy leisten zu können.

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