Bulletin Nr. 45; Juni 2005



«Fensterstürze» – warum springen sie in den Tod?


augenauf hat schon mehrere Male von so genannten Fensterstürzen berichtet. Im Jahr 2004 fanden allein in Basel zwei junge Männer den Tod, als sie aus Angst vor der Polizei aus dem Fenster sprangen. Im Dezember 2004 stürzte ein Asylsuchender aus Guinea im Asylheim in Unterägeri (ZG) aus dem Fenster und erlag kurz darauf im Spital seinen Verletzungen. Der junge Afrikaner, der nicht in diesem Heim wohnte, wollte einer Kontrolle durch die Securitas entgehen und versuchte, aus einem Fenster zu klettern. Ein Securitas- Angestellter verfolgte ihn und verwickelte ihn, als er schon halb aus dem Fenster geklettert war, in ein Handgemenge.
Laut der Aussage eines Augenzeugen endete dies damit, dass der Securitas-Mann den Fliehenden aus dem Fenster stiess.
Das Ermittlungsverfahren schleppt sich auch im Kanton Zug, wo der Sicherheitsdirektor Hans-Peter Uster heisst und Mitglied der grün-sozialistischen Alternative ist, in die Länge. Zeugeneinvernahmen werden nur zögerlich durchgeführt, oder – wenn möglich – werden die Zeugen noch vor einer Einvernahme ausgeschafft.
Auch die Tatsache, dass das Opfer und der beteiligte Securitas-Angestellte etwa zwei Wochen vor dem tödlichen Fenstersturz schon einmal eine handgreifliche Auseinandersetzung hatten, wird wahrscheinlich nicht als relevant eingestuft.
In Basel deuten die Fälle aus offizieller Sicht «nicht auf Fremdeinwirken durch Dritte» hin. Das heisst, niemand hat die beiden Männer aktiv gestossen oder geworfen. Den Weg durchs Fenster wählten die Westafrikaner jedoch nicht freiwillig. Beide hatten Angst vor der Polizei. Fast täglich waren sie im Vorfeld ihres Todes mit der Securitas als Bewacher in ihren Heimen oder mit Zivil- und Uniformpolizei in Kontakt geraten.
Wenn ein Mensch einen Sprung aus dem Fenster oder einen halsbrecherischen Fluchtversuch über die Fassade eines Hauses einem weiteren Zusammentreffen mit den Gesetzeshütern vorzieht, muss diesem Verhalten eine grosse Angst zugrunde liegen. Eine Angst, die von schlechten Erfahrungen und der drohenden Ausschaffung genährt wird. Diese Angst wird bei jenen Menschen in unserem Land, denen das Recht auf Anwesenheit abgesprochen wird, bei einer Verschärfung des Ausländergesetzes noch stärker um sich greifen.

augenauf Basel

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