Bulletin Nr. 44; Dezember 2004

EU-Sammelabschiebung mit Schweizer Beteiligung
Sammelabschiebungen, bei denen Flüchtlinge aus verschiedenen EU-Ländern konzentriert in einer Chartermaschine ausgeschafft werden, haben schon eine längere Tradition. Am 13. September 2004 beteiligte sich die Schweiz erstmals aktenkundig an diesen europaweit koordinierten Aktionen. Ein Charter mit 16 Afrikanern, die zwangsweise nach Togo, Benin und Burkina Faso ausgeschafft wurden, startete in Hamburg. Vier Flüchtlinge - zwei aus Togo und zwei aus Benin - sowie rund zehn Polizisten aus der Schweiz flogen mit. Von der Familie eines der ausgeschafften Afrikaner aus Togo haben wir inzwischen die Information erhalten, dass ihr Sohn seit dem Abflug aus der Schweiz vermisst sei. Einmal konnte sich der inzwischen Verschwundene noch melden, und zwar aus Accra in Ghana. Pikant daran ist, dass die Chartermaschine angeblich gar nicht nach Ghana flog. Seither wartet die Familie auf ein weiteres Lebenszeichen ihres Sohnes. Pressesprecher Dominique Boillat vom Bundesamt für Flüchtlinge behauptet, dass die Flüchtlinge «unter den Augen eines Vertreters der zuständigen Botschaft den lokalen Behörden übergeben wurden». Diese Information alleine, sollte sie überhaupt den Tatsachen entsprechen, ist erneut skandalös: Togo ist eine Diktatur, in der Menschenrechte ein Fremdwort sind. Es wird nicht einfach sein, herauszufinden, wo nun der Sohn dieser Familie tatsächlich ist. Einmal mehr produzierte die Schweiz einen Verschwundenen, für den sich hier niemand mehr interessiert - und der durch die Zusammenarbeit mit den EU-Behörden noch schwieriger aufzufinden sein wird.
 
Schweizer Helme für deutsche Abschiebungen?
In den Berichten zu diesem Sammelcharter ist die Rede von neuartigen Helmen, die die Flüchtlinge tragen mussten. Es scheint, dass nebst gemeinsamen Ausschaffungen auch ein Technologie-Transfer in Sachen Zwangsmittel stattfand: Bei uns sind die berüchtigten Sparring-Helme für Ausschaffungen schon seit Jahren im Einsatz, und die Beschreibungen der Betroffenen legen die Vermutung nahe, dass ein weiteres erfolgreiches Schweizer Produkt den Sprung auf den EU-Markt geschafft hat. augenauf Zürich

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