Bulletin Nr. 43; September 2004

Protokoll eines Fussballers, der am Samstagnachmittag an einem Freundschaftsspiel teilnehmen wollte

«Behalt deinen Scheiss-Pass!»

Die Geschichte der sinnlosen Verhaftung eines seit bald fünf Jahren in der Schweiz lebenden jungen Profi-Fussballers von der Elfenbeinküste.
Am 12. Juni 2004 wollten wir mit einer nigerianischen Fussballmannschaft ein Freundschaftsspiel austragen. Wir hatten uns auf dem Schwamendingerplatz in Zürich versammelt, um gemeinsam auf den Platz zu gehen, als ein Kastenwagen der Polizei vorfuhr. Fünf oder sechs Polizisten kamen direkt auf uns zu, einer sprach mich an und verlangte den Ausweis. Ich fragte ihn, ob er mich kontrollieren wolle, weil ich Afrikaner sei, da ich (sonst) nichts Böses getan hatte. Ich sagte ihm auf deutsch, dass meine Papiere im Wagen seien und ich sie holen würde. Nach dem ersten Schritt Richtung Auto bekam ich völlig unvorbereitet eine Ladung Tränengas ins Gesicht. Ich sah nichts mehr, ging zu Boden, wurde wie ein gemeiner Krimineller auf den Bauch gelegt und gefesselt. Wegen der Hitze, dem Tränengas und dem in meinen Rücken gepressten Knie des Polizisten erstickte ich beinahe. Erst nach 20-minütiger Qual wurden die sehr eng angelegten Handschellen etwas gelockert. Vor den Augen der Schaulustigen, welche sich die Festnahme eines «gefährlichen schwarzen Dealers» nicht entgehen lassen wollten, wurde ich ins Polizeiauto verfrachtet und mit Sirene zum Posten in Oerlikon gefahren. Ich musste mich ausziehen, mein Mund wurde kontrolliert und sie durchsuchten meine Kleider, selbst die Unterhose! Nach zehn Minuten durfte ich mich wieder anziehen, man nahm mir die Fingerabdrücke. Ich fragte, ob ich das Recht hätte, meine Frau oder einen Anwalt anzurufen und sie antworteten, auf dem Polizeiposten hätte ich überhaupt keine Rechte. Ich sollte ein Formular ausfüllen, was ich verweigerte, da alle Angaben in meinem Pass standen. Einer der Polizisten meinte darauf, mein «Scheiss-Pass» sei eh nichts wert, und er wiederholte das sogar. Danach wurde ich zum Rapport zu jenem Beamten gebracht, der mich festgenommen hatte. Als ich mich weigerte, ohne Anwalt seine Fragen zu beantworten, drohte er mir, dass ich die Nacht auf dem Posten verbringen müsste. Ich sagte ihm, das sei mir egal, und ich wolle wissen, wieso ich überhaupt festgenommen worden sei. Er antwortete, dass sie mich mitgenommen hätten, weil ich die Ausweiskontrolle verweigert hätte. Fünf Minuten später wurde ich entlassen. Wegen starker Brust- und Augenschmerzen liess ich mich im Spital versorgen. aufgezeichnet von augenauf Zürich

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