Bulletin Nr. 42; Juni 2004

Rubrik Kurzmeldungen

Auge drauf

 
Greifensee greift ein...
Eigentlich wären die Zuständigkeiten im Asylverfahren klar geregelt durch das geltende Gesetz und die Verordnung. Entscheide liegen in der Kompetenz des Bundesamtes für Flüchtlinge, in zweiter Instanz bei der Asylrekurskommission. Die Kantone regeln die Fürsorgemodalitäten und delegieren diese Aufgabe nach einer Übergangsfrist von 6 Monaten an die Gemeinden. Kantone und Gemeinden werden vom Bund entschädigt. Alles klar? Die Rechtsvertreterin einer Familie erhält vom Instruktionsrichter der Rekurskommission die Kopie eines Briefes, der an die Gemeindebehörden Greifensee gerichtet ist. Daraus geht hervor, dass Präsident und Sozialvorstand zweimal versucht haben, auf die Rekurskommission Druck auszuüben und sich auch über die Sicherheitslage im Heimatland der Familie geäussert haben. Höflich, aber bestimmt stellt der Richter fest: «Auf Ihre Anmerkungen zur Einschätzung der Situation der Familie X. in ihrem Heimatstaat können wir nicht weiter eingehen, da die Gemeindebehörden nicht Verfahrenspartei im Asylverfahren sind.» Peinlich - noch peinlicher ist jedoch, dass die Gemeindebehörden in ihrem Schreiben an die falsche Adresse das Heimatland der Familie verwechselt haben.
 
1. Mai in Basel: Filme statt Gewalt
Der diesjährige 1.-Mai-Umzug in Basel verlief wie in den letzten Jahren üblich: mittelmässige Beteiligung, Transparente von der GBI und von MigrantInnen-Organisationen dominierten. Neu war jedoch das ungewohnt offensive Auftreten datensammelwütiger PolizistInnen in Kampfmontur: an mehreren Orten wurde der legale und absolut friedliche Umzug auf Video gebannt. Keine uniformierte Polizei war hingegen sichtbar, als die Nachdemo durch Basels Flaniermeile und die Altstadt zog. Obwohl der Vermummungsgrad der mehrheitlich in Schwarz gekleideten ManifestantInnen sehr hoch war und somit der polizeilichen Vorstellung eines «gewaltbereiten schwarzen Blocks» entsprach, gab es weder Ausschreitungen noch Sachbeschädigungen und schon gar keine Hundebisse wie im Jahr zuvor (siehe Artikel Seite 7). Womit sich wieder einmal bestätigte, dass die beste Deeskalationstaktik seitens der Polizei darin besteht, unsichtbar zu bleiben.
 
Wink mit dem Zaunpfahl?
Asylsuchende in Allschwil erhielten ein Geschenk der besonderen Art. Mitarbeiter des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF) tauchten im dortigen ORS-Heim auf und verteilten Stoff-Einkaufstaschen mit dem farbigen Aufdruck des neuen BFF-Signets auf der Vorderseite. So weit so gut. Auf der Rückseite jedoch prangte das Logo der Rückkehrhilfe (siehe Bild). Das Informationsmaterial in der Stofftasche klärte die Asylsuchenden darüber auf, dass die Chance, in der Schweiz Asyl zu bekommen, sehr gering sei. Als Flüchtling kann man daher nie früh genug an die Rückkehr ins Heimatland denken. In der Broschüre «Asyl. Wenn nicht, was dann?» werden die Rückkehrhilfe und ihre staatlichen Angebote an Ausbildung, Beratung und Geld gepriesen. Das Geschenk des BFF verunsicherte zahlreiche noch im Asylverfahren stehende Menschen, da sie nicht wussten, ob diese Broschüre etwas mit ihrem Entscheid zu tun hatte. Ob genau dies das Ziel des BFF war?
 
Diebische Elster im PMD
Wenn in Basel öffentlich Kritik an vorschriftswidrigem oder gar kriminellem Verhalten einzelner Polizisten geübt wird, so verkündet das Echo vom Spiegelhof prompt, dass man den Vorwürfen selbstverständlich nachgehe und fehlbare Beamte mit Konsequenzen rechnen müssten. Handelt es sich bei den Opfern um Menschen von der Strasse, hört man meist nichts mehr von der «internen Untersuchung» oder nur, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Wenn hingegen ein krimineller Polizist seine Kollegen heimsucht, wird der Fehltritt, bzw. dessen Verfolgung breit kommuniziert. So wurde im März bekannt, dass gegen einen Beamten ermittelt wird, der seinen Kollegen Achselpatten geklaut und im Internet verscherbelt hatte. Bei einer Haussuchung seien dann auch noch Waffen und Drogen zum Vorschein gekommen. Der Täter sei sofort entlassen worden, meldete das PMD.
 
Amnesty-International-Bericht
Im neu erschienenen Jahresbericht 2003 von Amnesty International (AI) wird bestätigt, was augenauf in der alltäglichen Arbeit immer wieder feststellt: Schweizer Polizisten misshandeln, wenden exzessiv Gewalt an und werden kaum je bestraft dafür. Am übelsten behandeln die Polizeibeamten AusländerInnen oder SchweizerInnen fremdländischer Herkunft. Der Bericht kann unter www.amnesty.ch gelesen oder bestellt werden.

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