Bulletin Nr. 42; Juni 2004

Es geschah am helllichten Tag

Polizist schlägt gefesselten Schwarzen

Es gibt eine schockierte Zeugin, einen empörten Brief an Regierungsrat Jörg Schild und viele offene Fragen.
An einem Nachmittag im April sieht eine Schweizerin in der Basler Innerstadt per Zufall, wie ein Polizist einen gefesselten Schwarzen misshandelt. Entsetzt beobachtet sie, wie drei Beamte in Uniform einen Mann abführen, der mit gesenktem Kopf neben ihnen her geht. Ein Beamter schlägt den Wehrlosen mehrmals brutal auf den Kopf, traktiert ihn mit den Fäusten und knallt das Gesicht des Mannes mit voller Wucht an die Scheibe des Polizeiautos. Während der ganzen Zeit ist der Schwarze gefesselt und wehrlos. Die Misshandlung ist so offensichtlich, dass die unbeteiligte Zeugin vom Velo steigt und um Hilfe ruft. Doch der angesprochene Beamte bleibt ungerührt. Vor den Augen der Frau wischt er sich das Blut von den Händen, verfrachtet den gefesselten Mann in das Polizeiauto und fährt mit seinen Kollegen davon. Die Zeugin ist schockiert. Sie informiert augenauf Basel über den Vorfall und schreibt einen empörten Brief an den verantwortlichen Regierungsrat Jörg Schild, in dem sie die Aufklärung des Falles fordert. Fünf Wochen später hat sie erst einen Routinebrief erhalten, in dem ihr eine Antwort in «einigen Tagen» versprochen wird. Sie weiss weder, wie es dem blutig Geschlagenen geht, noch ob der fragliche Polizist für die Misshandlung zur Verantwortung gezogen worden ist oder je wird. Alles deutet darauf hin, dass diese Schläge keine Ausnahme sind. augenauf Basel kennt viele Fälle, bei denen Betroffene erzählen, wie sie wehrlos in Handschellen von Polizeibeamten geschlagen oder gewürgt worden sind. Allerdings gibt es für solche Übergriffe nur selten eine unbeteiligte und mutige Zeugin. Meistens spielen sich Misshandlungen auf der Polizeiwache, in Polizeiautos oder an abgelegenen Orten ab. Zeugen sind oft nur die Betroffenen selber. Neu ist, dass solche Übergriffe am helllichten Tag geschehen. Sind sich die fehlbaren Beamten so sicher, dass ihnen niemand etwas anhaben kann? Es widerspricht den elementaren Grundrechten, dass wehrlose, verhaftete, gefangene und inhaftierte Menschen von Polizisten geschlagen werden. Solche Übergriffe müssen ausnahmslos untersucht werden. Bis jetzt ist das Basler Justiz- und Polizeidepartement die Aufklärung des Falles schuldig geblieben. Regierungsrat Schild, der immer wieder betont, dass er Rassismus und Gewalt im Polizeicorps nicht tolerieren will, bleibt vorläufig stumm. augenauf Basel will ihm nicht unterstellen, dass er meint, eine rechtsstaatliche Behandlung gälte in der Schweiz nur für Menschen mit einer bestimmten Hautfarbe. Wir sind aber gespannt, welche Massnahmen er in diesem Fall einleitet. Die Zeugin wartet immer noch darauf, ihren Beitrag zur Aufklärung leisten zu dürfen. augenauf Basel

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