Das böse Wort «Scheinheirat» hat sich eingenistet in den Köpfen der Beamten. Aber wie bekämpfen? Da wird der Fantasie freier Lauf gelassen. Den Vogel abgeschossen hat der Schweizer Botschafter in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo.
Ein Brautpaar hat sich angemeldet, alle verlangten Dokumente eingereicht und das Depot von 900 Franken bezahlt. Nach drei Wochen kommt ein Brief aus dem Zivilstandsamt: eine neue, veränderte Liste mit einem zusätzlich benötigten Dokument. Ändert man Spielregeln mitten im Spiel? Ein Schweizer Jassquartett würde sich wohl die Karten an den Kopf schmeissen angesichts einer solchen Zumutung.
Nebst amtlichem Geburtsschein mit gerichtlicher Bestätigung, Ledigennachweis usw., zusammen sechs Papiere im Original, wird nun noch eine Geburtsurkunde verlangt, ein «certificat de naissance ou d'accouchement», ausgestellt von der Hebamme oder dem Geburtsarzt. Wie viele Hebammen oder Ärzte wohl noch am Leben sind, die vor 30 Jahren bei einer Geburt dabei waren? Dies bei einer Lebenserwartung, die markant tiefer liegt als hierzulande. Wie viele Mütter haben zu Hause geboren mit Hilfe von Tanten, Grossmüttern, Schwestern oder Nachbarinnen? Wie viele Mütter sind schon lange gestorben und können ihren heiratswilligen Nachkommen keine Auskunft mehr geben? Und, Herr Botschafter, ist denn der Nachweis des Geborenseins nicht spätestens dann erbracht, wenn der Gesuchsteller leibhaftig am Schalter des Zivilstandsamtes steht, atmet, spricht und verzweifelt zu erklären versucht, dass er dieses Zertifikat mit dem besten Willen nicht beschaffen kann?
Das von der Botschaft verlangte Leerformular mit dem Nachweis seiner Existenz vor 30 Jahren steht aus. Ein ausführlicher Brief des Gesuchstellers, in dem er erklärt, warum es unmöglich ist, dieses Papier zu beschaffen, ist unterwegs.
P.S.: Nach elf Monaten teilt die Botschaft mit, dass ein Dokument immer noch «douteux» (zweifelhaft) sei, obwohl vom Appellationsgericht beglaubigt. Fragt sich, wer da douteux ist.
augenauf Zürich
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