Bulletin Nr. 42; Juni 2004

Geheimjustiz? - Wehret den Anfängen!
Ende März standen in Basel 30 Fussballfans, welche sich im August 2002 an einer Strassenschlacht mit der Polizei beteiligt hatten, vor Gericht (zur Erinnerung: nachdem drei Polizisten mit einem Pfefferspray-Einsatz in der dicht besetzten «Muttenzer Kurve» beinahe eine Panik ausgelöst hatten, entlud sich Volkes Zorn nach dem Spiel gegen die in Vollmontur vor dem Stadion aufmarschierte Polizei-Armada). Eine Besonderheit an diesem Prozess: Die Eröffnung fand nicht etwa im Gerichtsgebäude, sondern - «aus Platzgründen» im Theoriesaal des Basler Polizei-Hauptquartiers statt. Heimspiel! Und zudem unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dass das Publikum bei Gerichtsverfahren, bei denen die Polizei Partei ist, ausgeschlossen wird, ist nicht neu: Ende letzten Jahres wurde in Basel einer Aktivistin der Anti-Kriegs-Bewegung der Prozess gemacht. Die Anklage lautete auf Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Beamte… Sie hatte an einer Demo mit mehreren hundert Personen teilgenommen und sollte exemplarisch als «Rädelsführerin» bestraft werden. Der Prozess stiess auf beachtliches Interesse. Der Publikumsaufmarsch vor dem Gerichtsgebäude war entsprechend. Die Interessierten staunten, als ein subalterner Polizeibeamter verkündigte, dass niemand ins Gerichtsgebäude gelassen werde und der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinde. Der Richter liess nachher via Medien verbreiten, die Polizei hätte ihm zu diesem Schritt geraten und er habe sich dieser Empfehlung angeschlossen! Wo kommen wir hin, wenn die Polizei, die ja in einem solchen Verfahren auch Partei ist, darüber befindet, ob das verfassungsmässige Recht auf Öffentlichkeit bei Gerichtsverfahren ausser Kraft gesetzt wird? Wo bleibt hier die so oft gelobte Gewaltentrennung im Staat? Die Frage stellt sich, was denn Justiz und Polizei in einem solchen Prozess vor der Öffentlichkeit zu verstecken haben? Wir fordern die Justizbehörden auf, sich an die eigenen Regeln zu halten und auf jede Kungelei mit anderen Staatsgewalten zu verzichten. augenauf Basel

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