Bulletin Nr. 42; Juni 2004

Winterthurer Polizei: Mit alten Mustern gegen die neue Jugendbewegung

Stadtpolizei von der Leine gelassen

Mit Besetzungen und Demonstrationen hat sich eine junge linke Winterthurer Szene in den letzten Monaten bemerkbar gemacht. Das Establishment der verschlafenen Industriestadt am Tor zur Ostschweiz ist von den Aktionen auf dem falschen Fuss erwischt worden. Hysterische Reaktionen der Parteienvertreter, der Lokalmedien und der Exekutive sind die Folge.
Neues Leben in Winterthur. Doch, dass die Winterthurer Stadtpolizei im Vorfeld von nichts etwas gewusst zu haben scheint, kommt vielerorts nicht gut an. Es hagelt Kritik. Die von links bis rechts unter Beschuss geratene Behörde hat inzwischen reagiert: mit alten Mustern. Zwei Vorfälle belegen dies.
 
Nach 20 Stunden freigelassen
Am 30. April werden am Rande eines Fussballspiels zwei Jugendliche von zwei Winterthurer Zivilpolizisten verhaftet. Der Vorwand: Die beiden der neuen Winti-Szene angehörenden Jugendlichen seien auf einem privaten Vordach gestanden. Es handle sich dabei - so die Beamten später - um Hausfriedensbruch. Die beiden 17- und 18-Jährigen werden in Haft genommen, und - wegen Farbspuren an Hosen und Händen - einem intensiven Verhör unterzogen. Am 1. Mai werden bei ihnen zu Hause - im privaten Zimmer des einen und in der elterlichen Wohnung des anderen - Hausdurchsuchungen durchgeführt und diverse Unterlagen sowie ein Laptop beschlagnahmt. Zwanzig Stunden nach der Festnahme werden die beiden Jugendlichen unter wilden Drohungen wieder freigelassen. Seither herrscht Funkstille.
 
Einvernommen, beschimpft und bedroht
Zwei Wochen danach - am 17. Mai - werden morgens um 2 Uhr drei andere Jugendliche aus der gleichen Szene verhaftet. In derselben Nacht werden in Winterthur einige Gebäude mit politischen Parolen versprayt. Normalerweise werden nach solchen Festnahmen die Personalien der Betroffenen aufgenommen und «Spuren» gesichert. Nicht so in Winterthur im Frühling des Jahres 2004. Die drei Jugendlichen werden in U-Haft gesetzt und bei diversen Einvernahmen wüst beschimpft und bedroht. Auch in diesem Fall veranlasst die Stadtpolizei Hausdurchsuchungen und beschlagnahmt Materialien, welche nichts mit den Tatvorwürfen zu tun haben. Die drei Jugendlichen werden nach 37 Stunden vom Bezirksanwalt wieder auf freien Fuss gesetzt. Die Eskalation des polizeilichen Drucks ist in der Winterthurer Szene ein grosses Thema. Öffentliche Kritik ist bisher jedoch noch nicht laut geworden. Es ist zu hoffen, dass dem Treiben der Stadtpolizei Einhalt geboten wird, bevor es zu noch handfesteren Übergriffen kommt. augenauf Zürich

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zum Archiv

URL dieser Seite