Schliesslich wird sie - weiterhin gefesselt an Händen und Füssen - in die Zelle geworfen. Die Beamten machen sich die ganze Nacht einen Jux daraus, das Licht ein- und auszuschalten, über Lautsprecher Nachrichten von Bin Laden und Saddam Hussein sowie arabische Musik laufen zu lassen und sich selbst in «Allah-Gesängen» zu versuchen. Sie beschimpfen Seraina Schneider als Arabersau, Hure, Drecksau. Als die Frau darum bittet, ihr die Fesseln zu lösen, damit sie auf die Toilette gehen kann, wird ihr geraten, Allah zu rufen, damit dieser öffne. Die «Scherze» der Polizisten machen auch davor nicht Halt, das Wasser in der Zelle abzustellen, als die Frau ihren Durst stillen will.
Der Ehemann der Gedemütigten, Hans Schneider, wird kurz nach der Verhaftung von einem Kollegen seiner Frau informiert. Er versucht, seine Frau abzuholen, was ihm jedoch von der Polizei verwehrt wird. Erst am nächsten Morgen, nachdem Seraina Schneider die ganze Nacht - an Händen und Füssen gefesselt - in der Zelle verbracht hat, kann er sie abholen. Er fährt sie ins Spital, wo ihre diversen Verletzungen - zum Beispiel ein etwa zwei Handflächen (!) grosses Hämatom am Gesäss - festgestellt werden. Das Röntgen der stark geschwollenen Gelenke zeigt glücklicherweise keine Frakturen.
Dank der «Hilfe» der Polizei wird Seraina Schneider seit dem 10. Januar von Albträumen geplagt. Nach wie vor befindet sie sich in psychologischer Behandlung, um das Erlebte zu verarbeiten. Sie lässt sich aber auch juristisch beraten und reicht Strafanzeige gegen die beteiligten Beamten ein.
Kaum ist die Anzeige eingereicht, erhält Seraina Schneider Post von der Polizei: In einem Strafbefehl wird sie unter anderem wegen groben Unfugs (von Seraina Schneider oder den Polizisten?) sowie erheblicher Diensterschwerung mit 700 Franken gebüsst. Zudem wird die Zellenreinigung geltend gemacht, da die «Zelle durch die Verzeigte mit Urin verschmutzt wurde». Spannend dürfte sicherlich eine «Tatortbesichtigung» durch das Gericht verlaufen, bei der eine Frau versucht, mit auf dem Rücken gefesselten Händen und Füssen akrobatisch die Toilette zu benützen, ohne dass etwas daneben geht.
Dies alles ist selbstverständlich nur geschehen, um Seraina Schneider zu helfen. So sieht das zumindest die Polizei, die im Protokoll festhält, dass Schneider «zu ihrer eigenen Sicherheit (Verletzungsgefahr) in der Zelle Hand- und Fuss-Fesseln angebracht werden mussten». Auch im Lokal-TV-Sender «Telebasel» weist die Polizei alle Vorwürfe kategorisch von sich.
Seraina Schneider versucht bis heute, sich von den erniedrigenden Erlebnissen zu erholen. Dabei sinniert sie: «Würde ich meine elterliche Gewalt in ähnlicher Weise ausüben wie die Beamten ihre polizeiliche Gewalt, würde mir mit ziemlicher Sicherheit die elterliche Gewalt entzogen. Dass mich die Polizei die ganze Nacht mit Hand- und Fussfesseln in eine Zelle sperrt, scheint jedoch völlig normal zu sein. Nicht weniger als acht Beamte werden im Polizeiprotokoll als Auskunftspersonen angegeben, die dies anscheinend alle als rechtmässige Ausübung ihrer polizeilichen Gewalt ansehen.»
augenauf Basel
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