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Medieninfo von augenauf Basel zum Fall Ali X.

Basel, den 15. Mai 2001

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Tod des Asylbewerbers Samson Chukwu im Wallis am 1. Mai dieses Jahres hat einmal mehr gezeigt, wie mörderisch die schweizerische Ausschaffungspolitik ist. Nicht getötet, aber verletzt und nach seiner Ausschaffung sofort verhaftet, wurde Ali X.*, der im letzten August von Liestal in den Libanon ausgeschafft wurde. Wir möchten Sie bitten, diese Angelegenheit noch einmal aufzunehmen.

Beschwerde von augenauf gutgeheissen

Das Verfahrensgericht des Kantons Baselland hat die Beschwerde von augenauf gegen den Verzicht auf Verfahrenseröffnung in Sachen Ali X. gutgeheissen. Damit muss das Besondere Untersuchungsrichteramt in Liestal gegen seinen Willen doch ein Verfahren gegen die an der Ausschaffung von Ali X. beteiligten Personen eröffnen.

augenauf hatte im letzten September eine Strafanzeige wegen Nötigung, Tätlichkeit, einfacher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Gefährdung des Lebens gegen unbekannt eingereicht. Dies aufgrund eines Protokolls, das Ali X., der am 19. August 2000 von Liestal in den Libanon ausgeschafft wurde, augenauf zukommen liess. Darin schreibt er:

«Einen Tag vor meiner Ausschaffung schickte mir der Anwalt am Nachmittag einen Brief, um mich zu informieren (...) Kurz nach Ankunft des Briefes kam die Polizei. Sie waren zu dritt und überführten mich ins Gefängnis Liestal. Sie haben mich in einem sehr kleinen Zimmer untergebracht. Etwas später brachten sie mir Handschellen und haben mich mit diesen an den Händen gefesselt. Die Füsse wurden mir mit Plastikband zusammengebunden. Sie haben mir eine Kappe auf den Kopf gesetzt, die ebenfalls den Hals bedeckte.
Dann begannen sie, mich mit Polizeistöcken zu schlagen, gaben mir Fusstritte und schlugen mit Fäusten auf mich ein. Sie waren gnadenlos. Nach ca. einer Stunde brachten sie mich in ein Zimmer, in welchem eine Kamera installiert war. Dann brachten sie eine Bodenmatte. Sie wickelten und banden mich darin ein für ca. 2 Stunden. Danach kamen zwei Personen, einer davon arbeitet im Gefängnis. Dieser verursachte mir Schmerzen an den Füssen, während der andere mir die Handschellen an den Füssen befestigte. Er ist derjenige, der mit mir nach Libanon gekommen ist. Dann nahmen sie die Bodenmatte mit und liessen mich bis am morgen auf dem Boden schlafen/liegen. Sie gaben mir eine schwarze Tablette und sagten, dies sei gegen die Schmerzen. Am Morgen kamen drei Personen und nahmen mich nach Genf, mit den Handschellen an den Händen. (...) Das ist alles, an was ich mich erinnern kann, denn ich war schwindlig von der schwarzen Tablette, die sie mir in der Nacht gegeben haben.»

Im Libanon wurde Ali X. sofort verhaftet und bis zum 31. August festgehalten.

Das Besondere Untersuchungsrichteramt hatte trotz den gravierenden Aussagen von Ali X. beschlossen, dass "mit grösster Wahrscheinlichkeit eine Straftat ausgeschlossen werden kann". Zu diesem Schluss gelangte Untersuchungsrichter J. Fábián, nachdem die beteiligten Beamten von der Kantonspolizei, vom BFF und von der schweizerischen Botschaft befragt hatte. Passagiere oder Flugpersonal der Maschine, in der Ali X. ausgeschafft wurde, wurden nicht befragt, ebensowenig seine Mutter, die ihn sofort im Gefängnis im Libanon besuchte, oder der Gerichtsmediziner, der am 31. August ein Zeugnis ausstellte, in dem er diverse nach wie vor schmerzhafte Quetschwunden und Prellungen an Kopf, Nase, an den Hand- und Fussgelenken sowie am Oberschenkel feststellte.
Gegen die Nichteröffnung des Verfahren hatte Anwalt Nicolas Roulet, der von augenauf mit dem Fall betraut worden war, am 24. November 2000 eine Beschwerde eingereicht, die nun vollumfänglich gutgeheissen wurde.

augenauf nimmt den Entscheid des Verwaltungsgerichts mit Freude zur Kenntnis, möchte aber erneut darauf hinweisen, dass eine faire und unvoreingenommene Beurteilung der Klage innerhalb der Kantonsgrenzen von Baselland unwahrscheinlich ist. Schliesslich hatte Regierungsrat Andreas Koellreuter schon anlässlich der Anti-Rassismus-Demonstration vom 9. September 2000 versucht, augenauf einen Maulkorb umzubinden: Er hatte seine eigene Teilnahme an der Schlusskundgebung davon abhängig gemacht, dass augenauf nicht zu einem konkreten Fall spreche. Bei diesem Fall handelte es sich selbstverständlich um die Ausschaffung von Ali X.

Für weitere Informationen zum Hergang der Ausschaffung verweisen wir Sie auf unsere Homepage www.augenauf.ch, auf der Sie die früheren Pressecommuniqués und Stellungnahmen finden. Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter der Telefonnummer 061/681 55 22 zur Verfügung.

*Name geändert.

Mit freundlichen Grüssen
augenauf Basel


siehe auch: Weitere Materialien zum Fall Ali X
Die Ausschaffung von Ali X in den Libanon
(Medieninfo zur Pressekonferenz von augenauf Basel, 22.09.2000)

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