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  Wenn die Polizei schwarz sieht ...
Schwarze in Basel - Freiwild für die Polizei
Juli 2001 ... April 2002
 


Ein Opfer von Polizeigewalt wurde der mit einer Schweizerin verheiratete Deniz O.*. Er wollte am 26. Juli, abends um ca. 21.00 Uhr, ein Kebabrestaurant am Steinengraben besuchen. Auf dem Birsigparkplatz, unmittelbar neben Basels Flaniermeile, rannten zwei Männer von hinten auf ihn zu und riefen «Polizei». Als er sich umdrehte, sprayten sie ihm «mindestens zehn Mal mit einer Dose Tränengas in die Augen». Sein Ausweis interessierte sie nicht. Stattdessen riefen sie Verstärkung, warfen ihn auf den Boden und standen mit ihren Schuhen auf seine Finger. Als die Verstärkung eintraf, legte man ihm Handschellen an und warf ihn erneut zu Boden. Dabei verletzte er sich am Kopf und an einem Knie.

 
 

Bitte einmal nackt ausziehen und durch den Posten gehen

Danach wurde er im Polizeiauto zum Posten an der Amerbachstrasse gebracht. Dort musste er sich nackt ausziehen und wurde nackt in eine Zelle geführt. Weil er Schmerzen hatte, verlangte er einen Arzt, was ihm verweigert wurde. Nachdem er ein Formular mit Angaben zu seiner Person ausgefüllt hatte, wurde ihm befohlen, zu gehen.

Weil ihn die Verletzungen vom Vorabend zu sehr schmerzten, ging er auf Anraten seines Vorgesetzten am nächsten Morgen in die Notfallstation des Kantonsspitals, wo ihm der Arzt ein Zeugnis ausstellte, das seine Verletzungen und seine Arbeitsunfähigkeit bestätigte.

Bis heute erhielt Deniz O. keine Erklärung dafür, weshalb er verhaftet wurde, geschweige denn eine Entschuldigung für die erlittene Körperverletzung. Hingegen wurde er wegen Gewalt gegen Beamte und Beleidigung vorgeladen.

*Namen geändert

 
 
Nachtrag Dez. 01

Zusammengeschlagen und angeklagt

Der Fall des Afrikaners Deniz O.*, der am 26. Juli 2001 von zwei Basler Zivilpolizisten bei einer Kontrolle malträtiert und grundlos verhaftet wurde, ist noch nicht abgeschlossen. Der Mann wurde nun von der Basler Polizei wegen Gewalt und Beleidigung gegen Beamte angeklagt. Seine Gegenklage gegen die Polizei wegen Körperverletzung und Amtsanmassung ist hängig.

Warum es bei der Ausweiskontrolle zur Gewalteskalation kam, ist für Deniz O. nach wie vor unerklärlich. Er trug alle Papiere bei sich und hätte sich problemlos ausweisen können - wenn ihm die Beamten dafür Zeit gelassen hätten. Doch kaum angesprochen, wurde er schon mit wiederholten Dosen von Reizgas besprayt, zu Boden geworfen und in Handschellen gelegt. Mit Erstaunen sahen die Beamten nach der Verhaftung, dass Deniz O. alle Ausweise auf sich trug - Zweifel an ihrem Vorgehen haben sie jedoch bis heute keine gekriegt.
Die rabiaten jungen Zivilpolizisten hatten nach eigenen Aussagen die Verfolgung von Deniz O. aufgenommen, weil er «ziellos» umhergelaufen sei - notabene auf dem Barfüsserplatz, einem der belebtesten Jugendtreffpunkte der Stadt. Sie vermuteten in Deniz O. einen Kokaindealer, da sich diese ja bekanntlich seit einer Sonderaktion der Basler Polizei «auf alle Gegenden der Stadt verteilt» hätten. Mit dieser Argumentation kann in Zukunft jeder Afrikaner in Basel grundsätzlich verdächtigt werden - ein klarer Fall von Rassismus.
Über die Gewalt, die Deniz O. gegen die Polizisten angewandt haben soll, äussern sich die Beamten selber widersprüchlich.
Leider blieb bis jetzt ein Zeugenaufruf von augenauf Basel ohne Erfolg. Obwohl zahlreiche Passanten die brutale Verhaftung miterlebt hatten - und einzelne von ihnen sogar intervenieren wollten -, hat sich niemand gemeldet. Nun drohen Deniz O. Haftstrafe und Busse.

*Namen geändert

 
Nachtrag April 02

Zuerst Prügel, dann zehn Tage Haft

Eine willkürliche Kontrolle und eine brutale Verhaftung enden vor Gericht mit einem Schuldspruch für das Opfer, weil der junge Afrikaner das Vorgehen der Polizei als rassistisch bezeichnet hatte.

Im vergangenen Sommer wurde der junge Afrikaner Deniz O.* von zwei Basler Zivilpolizisten bei einer Ausweiskontrolle massiv mit Reizgas besprayt, brutal zu Boden geworfen und grundlos verhaftet (siehe augenauf-Bulletin Nr. 32). Sein Versuch, gegen die Polizei wegen Körperverletzung und Amtsanmassung zu klagen, musste er wegen fehlender ZeugInnen aufgeben. Statt dessen klagte ihn die Basler Polizei wegen «Gewalt und Drohung» gegen Beamte an. Der Prozess am Basler Strafgericht fand im letzten Dezember statt und nahm ein unrühmliches Ende.
Freigesprochen wurde Deniz O. vom Vorwurf der Gewalt gegen Beamte, nicht aber vom Vorwurf der Diensterschwerung und Beleidigung. Statt der beantragten 20 Tage Haft erhielt er «nur» 10 Tage Gefängnis mit zwei Jahren Bewährungsfrist.

Der Prozess vermittelte eine anschauliche Lektion in Rechtskunde. Deniz O. gab zu, die Polizisten als Rassisten beschimpft zu haben. Dies, nachdem sie ihn aus seiner Sicht grundlos mit Reizgas besprayt hatten. (Nach seiner Verhaftung wurde auf dem Polizeiposten entdeckt, dass er alle Papiere auf sich trug und sich korrekt hätte ausweisen können.) Auf die Frage des Richters, warum die Polizisten die Kontrolle überhaupt vorgenommen hätten, konnten die beiden Beamten keine andere Auskunft geben, als jene, dass er als Afrikaner potenziell ein Kokaindealer sein könnte. Die Gesinnung, die sich hinter einer solchen Aussage verbirgt, darf offenbar nicht als Rassismus qualifiziert werden.

Obwohl sich während der Verhandlung die beiden jungen Polizisten - einer von ihnen noch in der Ausbildung - gegenseitig widersprachen und Verfahrensmängel deutlich wurden, konnte Deniz O., der wenig Deutsch-Kenntnisse hat, seine Version nur begrenzt glaubhaft machen.

Mehr Gerechtigkeit erfahren hat Deniz O. im Filmbericht, den das Schweizer Fernsehen über ihn gedreht hat. In der Rundschau vom 12. Dezember wurden mehrere Übergriffe der Basler Polizei im Jahre 2001 dokumentiert. Dabei wurde deutlich, dass Deniz O. kein Einzelfall ist.

*Namen geändert