Bulletin Nr. 23; Dezember 1998

Inhaltsverzeichnis

Wie Behörden, Gerichte und Beamte die Polizeigewalt legitimieren
Freipass für die Polizei
Am 10. Dezember jährt sich die Unterzeichnung der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen zum fünfzigsten Mal. Welcher Politiker wird dann nicht im Brustton der Überzeugung beteuern, dass die Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil unserer Kultur und deshalb nicht mehr aus dem politischen Leben wegzudenken seien. Der offizielle 10. Dezember wird keine Misshandlungen von Gefangenen, keine Polizeigewalt und keine Behördenwillkür kennen. Wir leben schliesslich nicht in einer Bananenrepublik. Wer das Gegenteil behauptet, darf sich getrost den altbekannten MiesmacherInnen zurechnen, deren Kritik pathologisch bedingt ist. Wir leben schliesslich in einem Land, das seine Ausschaffungsgefängnisse mit Vorliebe am Tag der Menschenrechte eröffnet.


«In den Händen der Regierenden heisst die Gewalt Recht, in den Händen des Einzelnen heisst die Gewalt Verbrechen»
Lässt sich die institutionelle Gewalt der Polizei nicht mehr leugnen, so muss sie halt anders legitimiert werden. «Verhältnismässig», «das mildeste Mittel», «der Situation angepasst» heissen die Zauberwörter der Rechtfertigung. «Soweit sie Gewalt anwandten, war dies durch den Rechtfertigungsgrund der Berufspflicht gedeckt». «Ihr Ziel war es, im Sinne der Amtspflicht, den passiven Widerstand zu brechen». Solche Stellungnahmen sind alarmierende Zeichen. Sie kommen Freipässen für die Polizei gleich. Der Zweck heiligt schliesslich die Mittel. Es ist der letzte Schritt, um Polizeigewalt um jeden Preis zu rechtfertigen und eine Aufforderung an alle PolizistInnen, nur nicht zu zimperlich in der Wahl ihrer Mittel zu sein.


Die «Verhältnismässigkeit» rechtfertigt alle Mittel
Die PolizistInnen haben sich in der Zwischenzeit daran gewöhnt, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit bereits in ihren Rapporten zu erwähnen. Auf die genaueren Umstände dieser Verhältnismässigkeit, was genau geschah, müssen sie dabei nicht mehr eingehen. Alles verschwindet unter der Dunstglocke eines schwammigen Beamtendeutsch. In der Definition der Verhältnismässigkeit halten sich die Beamten nur an die Vorgaben ihrer Vorgesetzten und der Justiz. Ein besonders drastisches Beispiel stellt die gescheiterte Ausschaffung des Algeriers Badiz dar. Badiz war seit dem 2.11.96 in Ausschaffungshaft. Am 8.5.97 versuchte die Zürcher Kantonspolizei zum zweiten Mal, Badiz’ auszuschaffen – diesmal unter Einsatz von Gewalt und Medikamenten. Die Kantonspolizei hat versucht, den Flüchtling mit einem falschen Vorführungsbefehl aus dem Flughafengefängnis zu locken. Als der Gefangene sich weigerte, da erst am Vortag zur Einvernahme nach Zürich gefahren worden war und im übrigen der 8. Mai ein Feiertag war, wurde er von fünf Kantonspolizisten mit Gewalt aus der Zelle geschleppt.


Weitere Medienberichte und Protokolle
Vom Umgang mit Kranken

Kein Hinweis auf ein vorwerfbares Fehlverhalten
Auf der Flucht erschossen


«Irrtümliche Verhaftung» in Zürich

Brief an die Vorsteherin der Stadtpolizei Zürich Esther Maurer
Protokoll einer gewöhnlichen Verhaftung

Polizisten vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen
Drei Polizisten gegen einen Bodybuilder


Trauriger Jahrestag am Zoll

Berichte aus Bern
Subtil aber unschön
Bereits zu Beginn der Aktion „Citro“, wurde durch die Berner Task Force Drogenpolitik breit und ausführlich über mögliche Übergriffe informiert, Es könne zu allfälligen unschöne Szenen kommen und mitunter Unbescholtene könnten sich im engmaschigen Netz verfangen. Vorkommnisse, die jedoch unumgänglich seien, um gegen Drogendealer vorzugehen. Die Aktion „Citro“ erlaubte der Stadtpolizei, eine subtile Abschreckungs- und Vertreibungspolitik gegen AusländerInnen durchziehen zu können und gleichzeitig der Bevölkerung weiszumachen, endlich etwas gegen das „Drogenproblem“ zu unternehmen.

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