Bulletin Nr. 37; März 2003
Das BFF bricht die Schweigepflicht
Vertrauen ist gut - verraten ist besser
Die «Abteilung für Vollzugsunterstützung» im Bundesamt für
Flüchtlinge (BFF) leitete die Beschwerdeschrift eines abgewiesenen
Flüchtlings an die Botschaft seines Heimatlandes weiter.
«Alle hier anwesenden Personen unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht.
Sie können daher sicher sein, dass nichts, was Sie im Laufe des
Asylverfahrens vorbringen, an die Behörden Ihres Heimatstaates
weitergeleitet wird.»
Jede Asylbefragung wird mit diesem feierlich vorgetragenen Versprechen
eingeleitet. Nicht vorgetragen wird, dass dieses Versprechen nicht
unbedingt Gültigkeit hat, wenn das Dossier in die «Abteilung für
Vollzugsunterstützung» gelangt. Bei Flughafenverfahren kann dies ziemlich
schnell passieren.
T. wird im Transitverfahren abgewiesen. Er hat keine Chance, kommt er doch
aus einem Land, das sich auf der Liste der «safe countries» befindet. Er
schreibt von Hand eine Beschwerde, worin er seine Fluchtgründe darstellt.
Die aufschiebende Wirkung wird umgehend abgelehnt.
Mit dem Vollzug geht es dann nicht mehr so rasant. Er kommt ins
Flughafengefängnis. Bei der Vorführung auf der Heimatbotschaft gibt er eine
andere Herkunft an, um seine Haut zu retten. Er hat keine andere Wahl, da
er zu Recht befürchtet, bei einer Rückkehr grosse Probleme zu bekommen. Das
ärgert die Vollzugsspezialisten. Sie sinnen auf eine List.
Besuch aus dem Konsulat
Kurz vor der Haftentlassung nach knapp sechs Monaten erhält T. im Gefängnis
Besuch von zwei Männern. Einen erkennt er wieder. Er traf ihn auf der
Botschaft, er weiss sogar seinen Namen und seine Funktion: Konsul. Der
andere zieht es vor, anonym zu bleiben. Der Konsul stellt ihm gezielte
Fragen zu Zeit und Ort seiner Asylbegründung. T. erschrickt und antwortet
nicht. Bald darauf wird er freigelassen und kommt in ein Inlandverfahren,
seine Beschwerde ist noch offen. Nach kurzer Zeit erhält er den zweiten
Entscheid: Nichteintreten.
Ein Gesuch um Akteneinsicht bei der erwähnten Spezialabteilung löst das
Rätsel: sie hatte seine handgeschriebene Beschwerdeschrift aus dem
Flughafenverfahren der Botschaft des Heimatlandes zugestellt, um doch noch
ein Reisepapier zu erhalten. Abgedeckt wurde lediglich der Kopf des
Briefes: «An Appeal Letter to the Swiss Asylum Commitee».
Wie viel Vertrauen können Asylsuchende in die feierlichen Versprechen ihrer
Befrager noch haben? T. hat es definitiv verloren. Obwohl sein zweiter
Rekurs auf guten Wegen war, zog er es vor, unser gastliches Land zu
verlassen, nachdem ihm klar wurde, dass seine Geschichte verraten war.
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