Bulletin Nr. 35; September 2002
Aktion von augenauf am Walliser Kantonstag an der Expo
So geht man nicht mit Menschen um
Am 7. September hat sich der Kanton Wallis an der Expo02 auf der
Arteplage Biel selbst gefeiert. augenauf hat den Walliser Kantonstag zum
Anlass genommen, um an den Tod Samson Chukwus zu erinnern und gegen die
Ausschaffungspolitik der Schweiz zu protestieren.
Für die Protestaktion «So geht man nicht mit Menschen um» besammelten sich
am 7. September um 9.30 Uhr morgens gut 30 Leute vor der Arteplage in Biel.
Optischer Blickfang war eine Beatmungspuppe, wie sie in Nothelferkursen zum
Üben von Beatmungstechniken verwendet wird. Diese trugen wir auf einer
schwarzen Bahre mit und erstickten sie durch einen grauen Trichter
symbolisch mit Zement. Drei grosse, über den Köpfen geschwenkte Fahnen
zogen ebenfalls das Interesse der Besucherinnen und Besucher der Expo auf
sich. Und diese kamen in Scharen. Ein nicht abreissender Strom von Menschen
- allein aus dem Wallis waren etwa 10 000 angereist - bewegte sich auf den
Eingang der Arteplage zu - und beinahe alle erhielten unser Infomaterial,
welches auf den ersten Blick wie ein touristischer Faltprospekt für den
Kanton Wallis wirkte. Auch Bundesrat Pascal Couchepin, der gegen 10.30 Uhr,
begleitet von Lötschentaler Masken, Trommlern und Pfeifern, einmarschierte,
musste augenauf zur Kenntnis nehmen. Bis wir um 11 Uhr von der
Polizei im Auftrag der Expo-Leitung wegkomplimentiert wurden, hatten wir
fast 10 000 zweisprachige, vierfarbige Leporellos (Faltprospekte) verteilt,
in denen wir über Samson Chukwu informierten und die schweizerische
Ausschaffungspolitik verurteilten.
Unter 79 Kilogramm Polizei erstickt
Zur Erinnerung: Der 27-jährige Nigerianer Samson Chukwu wurde am 1. Mai
2001 im Ausschaffungsgefängnis Granges, Sion, getötet. Zwei Walliser Beamte
drückten ihn in der Zelle bäuchlings zu Boden und rissen seine Arme nach
hinten, um ihn in Handschellen zu legen. Einer der beiden Beamten setzte
sich mit seinen ganzen 79 Kilo auf Samson Chukwus Rücken. Der
Ausschaffungshäftling erstickte.
Bisher wurden alle Verfahren, die im Zusammenhang mit Samson Chukwus Tod
angestrengt wurden, abgeschmettert. Ein Mann ist in den Händen von zwei
Polizisten gestorben, und niemand ist schuld daran. Das Bundesgericht hat
am 23. Mai die Nichtigkeitsbeschwerde und am 23. Juli den Rekurs gegen das
Urteil des Walliser Untersuchungsrichters und des Kantonsgerichtes
abgelehnt. Die von den kantonalen Behörden angezweifelte Berechtigung der
Verwandten Samson Chukwus, eine Klage zu führen, wurde vom Bundesgericht
nicht abschliessend beurteilt. Die Bundesrichter argumentierten, dass die
Klage auch aus einem andern Grund nicht legitim sei, nämlich weil die
beteiligten Polizeibeamten nicht als Einzelpersonen haftbar seien. Sie
hätten in ihrer Funktion als kantonale Angestellte gehandelt, und deshalb
sei, wenn schon, der Kanton haftbar.
Der Anwalt der Familie ist nun daran, mit den Verwandten Samson Chukwus
eine Klage gegen den Kanton zu diskutieren.
augenauf bleibt bei seinen Forderungen:
- Die offizielle Übernahme der Verantwortung am Tod Samson Chukwus durch
die verantwortlichen Behörden, insbesondere durch die Vorsteherin des EJPD,
Bundesrätin Ruth Metzler, durch den Präsidenten der Konferenz der
kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, Regierungsrat Jörg Schild (BS),
und durch den Polizeidirektor des Kantons Wallis.
- Alle Zwangsausschaffungen sind sofort zu sistieren.
- Der Familie Samson Chukwus ist unbürokratisch Schadenersatz zu leisten,
und die Behörden sollen sich offiziell bei der Familie entschuldigen - was
bis heute niemand getan hat.
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